Nationales Zentrum für Bürokratiekostenabbau (NZBA)

Der Bürokratiekostenabbau ist seit 2004/2005 ein zentrales Forschungsfeld der Fachhochschule des Mittelstands (FHM). So wurde hier u.a. das erste deutschsprachige Methodenhandbuch zum Standardkosten-Modell (Erstes Deutsches Handbuch für das Messen und Reduzieren administrativer Belastungen) veröffentlicht, das in der Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates ausdrücklich als Bezugsstelle herangezogen wurde.

Schließlich hat die FHM im Februar 2007 das Nationale Zentrum für Bürokratiekostenabbau (NZBA) als abhängiges Hochschulinstitut angesiedelt (www.nzba.de). Das Nationale Zentrum für Bürokratiekostenabbau (NZBA) hat es sich im Kontext der Einrichtung des Nationalen Normenkontrollrats zur Aufgabe gemacht, den Bürokratiekostenabbau in Deutschland zu begleiten und zu forcieren. Dabei steht seit der Gründung das in den Niederlanden entwickelte Standardkosten-Modell als Methode, die Bürokratie erstmals messbar gemacht hat, im Vordergrund der Arbeiten. Die Arbeit des NZBA wird begleitetet durch ein hochkarätig besetztes Kuratorium aus Persönlichkeiten aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft.

Ein Forschungsschwerpunkt in den Jahren 2008/2009 waren die Bürokratiekosten der Kommunen, deren Dokumentation im Nomos-Verlag unter dem Titel „Bürokratiekostenabbau in Deutschland“ erschienen ist. Diese Veröffentlichung basiert auf einer in den Jahren 2008 und 2009 durch das NZBA durchgeführten Studie, in der die Bürokratiebelastung durch Informationspflichten in Verwaltungen gemessen wurde. Ergebnis der Untersuchung war, dass die deutschen Kommunen jährlich rund 8 Millionen Arbeitsstunden allein für die Erfüllung ihnen durch Bundes-, Landes- und EU-Recht auferlegten Informationspflichten aufwenden müssen. Dies entspricht einer Gesamtbelastung von ca. 400 Millionen Euro an Bürokratiekosten.

Prof. Dr. Dr. h.c. Volker Wittberg

Prof. Dr. Dr. h.c. Volker Wittberg

Prorektor Forschung & Entwicklung
volker.wittberg@@fh-mittelstand.de

Publikationen/Vita

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Die FHM ist im Jahr 2010 vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz damit beauftragt worden, ein Gutachten zu den Informations- und Vollzugskosten aufgrund des Vorschlages der Europäischen Kommission für die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für den Bodenschutz (kurz: BRRL) für die öffentliche Verwaltung auf Basis des Standardkosten-Modells zu erstellen. Damit liegt erstmals eine systematische Kostenschätzung der Auswirkungen eines geplanten EU-Rechtsaktes in Deutschland vor dessen Inkrafttreten vor.

Im Jahr 2011 hat das NZBA im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft eine Studie über „Staatliche Bürokratiekostenüberwälzung als unternehmerisches Gegenwartsproblem“ vorgestellt. Die Studie umfasst ein Verzeichnis von auf der Bundesebene veranlassten und unentgeltlich geleisteten Unternehmenspflichten, die originär solche des Staates sind, von diesem aber auf Unternehmen übertragen worden sind (sog. Indienstnahme Privater), mit einer Fallstudie über die Belastung durch ausgewählte Arbeitgeberpflichten in einem mittelständischen Familienunternehmen.

In den Jahren 2012 und 2013 hat das NZBA ein Forschungsprojekt zur Entwicklung eines Standardnutzen-Modells für die Gesetzesfolgenabschätzung auf Bundesebene bearbeitet, das durch das BMUB gefördert wurde und in dem es darum ging, ob neben den Kosten auch die den Gesetzesvorhaben entspringenden Vorteile in quantifizierter Weise abgebildet werden können. Dieser Projektbericht wurde im März 2013 im Bundeskanzleramt an den damaligen Bundesumweltminister Altmaier und Staatsminister von Klaeden übergeben und auf einem Side Event der Bundesregierung anlässlich der UN Climate Change Conference in Doha/Qatar präsentiert. Die Deutsche Gesellschaft für Gesetzgebung hat das Projekt mit dem 2. Preis für gute Gesetzgebung ausgezeichnet.

Zuletzt hat das NZBA im Auftrag des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen sowie der Clearingstelle Mittelstand des Landes NRW bei IHK NRW die erste Pilotmessung des Erfüllungsaufwands der Wirtschaft und der Vollzugslasten des Landes NRW am Beispiel der europäischen Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) sowie der Durchführungsverordnung des Bundes vorgelegt.

Das Kuratorium

Das Nationale Zentrum für Bürokratiekostenabbau freut sich über ein hochkarätig besetztes Kuratorium mit Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung:

  • Dr.  Norbert Röttgen MdB, (Vorsitzender)
  • RA Dieter Schubmann-Wagner, Simon&Partner, Staatssekretär a.D. (stellvertretender Vorsitzender)
  • Till Casper, Karl Casper KG, Geschäftsführender Gesellschafter
  • Dr. Hans-Jörg Dietsche, Bundesinnenministerium
  • Dr. Reinhard Göhner, ehem. Hauptgeschäftsführer BDA
  • Friedel Heuwinkel, Landrat des Kreises Lippe a.D.
  • Anton Hofmann
  • Anett Kleine-Döpke-Güse, Bürgermeisterin a.D.
  • Henning Kreibohm, ehem. Mitglied des NKR, OKD a.D.
  • Prof. Dr. Günter Krings, MdB
  • Prof. Dr. Carl Otto Lenz, Europäischer Gerichtshof, Generalanwalt a. D.
  • Dr. Ulli Christian Meyer, Staatskanzlei des Saarlandes
  • Stephan Naundorf, Geschäftsstelle Bürokratieabbau
  • Stephen Paul, MdL
  • Barbara Richstein , Ministerin a.D., Rechtsanwältin
  • Dr. Dieter Salomon
  • Matthias Schäfer, Konrad-Adenauer-Stiftung
  • Frank Schäffler, MdB
  • RA. Dr. Katrin Schlecht, Greim Rechtsanwälte
  • Harald Schliemann, Justizminister a.D.
  • Reinhard Strack-Schmalor, Aufsichts- & Kreisordnungsbehörde Lahn-Dill Kreis, Verwaltungsdirektor
  • Lena Strothmann
  • Dr. Reinhard Timmer, Ministerialdirektor a.D.

Forschungsprojekte

Bürokratieindex für den Bereich der vertragsärztlichen Versorgung

Papier statt Patienten – Deutschlands Ärzte verbringen 52 Millionen Stunden mit Bürokratie - Fachhochschule des Mittelstands (FHM) entwickelt Bürokratieindex für niedergelassene Ärzte

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe und die Fachhochschule des Mittelstands (FHM) haben einen Bürokratieindex entwickelt, um transparent zu machen, wie viel Zeit die Niedergelassenen für Büroarbeit aufwenden.

52 Millionen Stunden ihrer Arbeitszeit haben die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten in Deutschland in diesem Jahr allein für die Büroarbeit durch Vorgaben der Selbstverwaltung auf Bundesebene aufgewandt. Diese Zahl geht aus dem Bürokratieindex hervor, den die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) heute gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Westfalen-Lippe und der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) in Berlin vorgestellt hat. Die drei Partner haben den Index gemeinsam entwickelt, um transparent zu machen, wie sich die Belastung der Niedergelassenen durch Bürokratie entwickelt.

„Zwar hat es an einigen Stellen Entlastungen gegeben, beispielsweise durch die Abschaffung der Auszahlscheine im Krankengeldfall. Aber es kommen auch immer neue Belastungen hinzu. 52 Millionen Stunden sind einfach immer noch zu viel. Die Zeit der Niedergelassenen ist schließlich in erster Linie für die Patienten da und nicht für den Papierkram“, betonte der KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Andreas Gassen, „deshalb fordern wir von den Krankenkassen die verbindliche Festlegung eines Abbauziels für Bürokratie.“ Ein solches Ziel könnte maßgeblich dazu beitragen, dass für die Behandlung der Patienten wieder mehr Zeit zur Verfügung stehe.

Die FHM hat für die Datenerhebung die Methodik des sogenannten Standardkosten-Modells gewählt. „Wir haben die durch das Statistische Bundesamt durchgeführte Bestandsmessung auf den aktuellen Stand gebracht. Neue und geänderte Informationspflichten wurden in diesem Rahmen ebenso berücksichtigt wie Pflichten, die in der Zwischenzeit entfallen sind. Darüber hinaus erfolgte eine Aktualisierung der zugrundeliegenden jährlichen Fallzahlen“, erklärte Prof. Dr. Volker Wittberg von der FHM. Der Bürokratieindex sei im Bereich der ärztlichen Selbstverwaltung somit von der Basis 100 im Jahre 2013 auf den Wert 95,28 in 2016 gefallen.

„Diese Absenkung geschieht jedoch von einem viel zu hohen Niveau aus“, sagte Dr. Thomas Kriedel, Vorstandsmitglied der KV Westfalen-Lippe. Auf seine KV entfallen 9,65 Prozent der bundesweiten Bürokratiebelastung. „Der Abbau von Bürokratie ist ein maßgebliches Ziel unserer KV. Wir haben bereits vor fünf Jahren das Formularlabor Westfalen-Lippe etabliert, in dem alle Akteure der Praxis gemeinsam bei der Erarbeitung neuer Formulare und Richtlinien wichtige Hinweise geben. Ein solcher Praxistest ist unabdingbar“, betont Kriedel. Die durch den Bürokratieindex gewonnenen Erfahrungen würden bei der gemeinsamen Entbürokratisierung helfen und zukünftig auch die verhinderte Bürokratie sichtbar machen.

Anlass dazu war die Bestandsmessung der Bürokratiekosten für Vertragsärzte und -psychotherapeuten durch das Statistische Bundesamt mit Zahlen aus dem Jahr 2013, die der Nationale Normenkontrollrat im vergangenen Jahr im Rahmen des Projektes „Mehr Zeit für Behandlung“ veröffentlicht hat. So sind im Jahr 2013 aufgrund der Informationspflichten der gemeinsamen Selbstverwaltung auf Bundesebene Aufwände für Bürokratie in Höhe von 2,36 Milliarden Euro entstanden. Das entspricht etwa 55 Millionen Stunden, in denen keine Patienten behandelt werden konnten.

Der Bürokratieindex soll künftig jährlich aktualisiert und veröffentlicht werden. Damit wollen die Initiatoren die öffentliche Diskussion um die bürokratische Belastung in Arztpraxen regelmäßig mit empirischen Fakten begleiten. Das Ziel ist es, die bürokratische Belastung für die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten mit den Partnern der gemeinsamen Selbstverwaltung zu reduzieren.

BIX 2016 - Der Bürokratieindex für die vertragsärztliche Versorgung (PDF, 1.1 MB)

Weiterführender Link zur Presemeldung, der Präsentation und Statements zu den Ergebnissen

Bürokratiekostenmessung TVgG-NRW neu (2016)

Novelle des Tariftreue- und Vergabegesetzes NRW

Die Konferenz der Staatssekretärinnen und Staatssekretäre des Landes NRW hatte beschlossen, ein förmliches Clearingverfahren zur Novelle des Tariftreue- und Vergabegesetzes NRW einzuleiten. Das daraufhin vom Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes NRW beauftragte Verfahren wurde am 12. Mai 2016 abgeschlossen. Bestandteil des Clearingverfahrens war eine Abschätzung der Reduzierung des Erfüllungsaufwands der Wirtschaft sowie der Verwaltungslasten im Land Nordrhein-Westfalen.

Stellungnahme Novelle TVgG NRW

Kostenabschätzung Novelle TVgG NRW

Bürokratiekostenmessung LMIV im Land NRW (2015)

Modellprojekt Bürokratieabbau

Bürokratieabbau ist eine entscheidende Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und die Stärkung von Beschäftigung und Wachstum in Deutschland. Über die landesrechtlichen Regelungen hinaus entstehen erhebliche Bürokratiekosten für mittelständische Unternehmen auch aus Rechtsetzungen des Bundes und der EU. Mehr als 80 Prozent der Bundesregelungen werden durch die Länder bzw. Kommunen vollzogen.

Angelehnt an das Konzept der Bundesregierung für bessere Rechtsetzung und Bürokratieabbau, hat sich die nordrhein-westfälische Landesregierung vorgenommen, ein ähnliches Prüfungs- und Beratungsverfahren für bundesgesetzliche Vorhaben in Nordrhein-Westfalen aufzubauen.

Vor diesem Hintergrund hat der Mittelstandsbeirat gemeinsam mit dem Wirtschaftsminister Garrelt Duin am 21. Januar 2015 beschlossen, im Rahmen eines bundesweit einmaligen Modellprojekts bei neuen Gesetzes- und Verordnungsvorhaben des Bundes bzw. der EU die finanziellen Folgen für die nordrhein-westfälische Wirtschaft zu ermitteln und Vorschläge zur Verbesserung, Vereinfachung und Kosteneinsparung zu erarbeiten.

Die Clearingstelle Mittelstand koordiniert das Modellprojekt Bürokratieabbau. Erste Ergebnisse wurden am 26. Juni 2015 in einer Sitzung des Normenkontrollrats in Düsseldorf präsentiert. Hier der Bericht:

Bericht zur Pilotmessung NRW

Die Clearingstelle Mittelstand hat die Pilotmessung des Erfüllungsaufwands der Wirtschaft und der Vollzugslasten des Landes NRW einer Prüfung mit Blick auf die Eignung der Methode unterzogen. Hier die Stellungnahme:

Stellungnahme Pilotmessung

Standardnutzen-Modell: Gesetzesnutzenschätzung (März 2013)

Standardnutzen-Modell: Nationaler Nachhaltigkeitskompass

Entwicklung eines Standardnutzen-Modells zur systematischen Schätzung des Nutzens von Gesetzen und Regelungen auf der Grundlage eines nachhaltigen Wachstumsbegriffs

Bielefeld/Berlin, März 2013. Das wesentliche Ergebnis der vorgestellten Studie liegt im Vorschlag eines Standardnutzen-Modells zur Nutzenmessung von Gesetzen und Regelungen. Das vorgestellte Standardnutzen-Modell wird für die künftige Verwendung bei der Feststellung von Gesetzesnutzen vorgeschlagen, weil es praktikabel ist und das gefundene Resultat optisch und damit besonders einprägsam abbildet (aggregierter quantitativer Nutzenwert und Nutzensiegel). Es ist in allen Politikfeldern anwendbar. Die Feststellung des Nutzens von rechtlichen Regelungen ist Anliegen der Bundesregierung schon seit den achtziger Jahren, als zur Prüfung der Qualität neuer gesetzlicher Regelungen die sog. „Blauen Prüffragen“ von der Bundesregierung eingeführt worden sind, die Vorläufer der später durch die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien eingeführten Gesetzesfolgenabschätzung waren.

Die Studie hat - gemäß der ausdrücklichen Vorgabe des zurzeit der Zusage der Förderungsunterstützung amtierenden Bundesumweltministers - als Beispiel eines Gesetzesnutzens den Nachhaltigkeitsnutzen herangezogen. Rechtsgrundlage für die vor Gesetzesentstehung vorzunehmende Nachhaltigkeitsprüfung ist § 44 Abs. 1 Satz 4 GGO, die eine Nachhaltigkeitsprüfung für jedes Gesetz vorsieht, aber bislang unzulänglich erfolgt, worauf insbesondere der Parlamentarische Beirat für Nachhaltige Entwicklung hingewiesen hat.

Auch wenn in dieser Studie der Nachhaltigkeitsnutzen im Mittelpunkt steht, sind die gefundenen Ergebnisse aber grundsätzlich anschlussfähig an die allgemeine Gesetzesfolgenabschätzung und vor allem auch übertragbar auf andere Nutzendimensionen, die sich vor allem auf den eigentlichen Gesetzeszweck beziehen, also den Zweck, den der demokratisch legitimierte Gesetzgeber selbst mit dem Gesetz verfolgt.

Das leitet über zu der bisher in Deutschland so gut wie gar nicht vertieft behandelten Frage, was unter dem Gesetzesnutzen zu verstehen ist. Die Studie gelangt zu dem Ergebnis, dass unter dem Gesetzesnutzen grundsätzlich ein Zustand zu verstehen ist, der dem Zweck des Gesetzes besser gerecht wird als der Zustand, der vor dem Wirksamwerden des Gesetzes bestand. Es ist also ein Zustand, der vom Gesetzgeber dem früheren Zustand vorgezogen wird (Präferenz), so dass der erstrebte neue Zustand aus Sicht des Gesetzgebers einen höheren Nutzen hat.
Im Kontext eines neuen Gesetzes wird man also sagen können, dass der Gesetzesnutzen der Vorteil ist, der dem Gesetzgeber bei Schaffung des neuen Gesetzes in Bezug auf die Realisierung eines verbesserten Gemeinwohls vorschwebt. Eine Bezugnahme auf einen allgemeinen gesellschaftlichen Nutzen ist ausgeschlossen, weil die Zweck- und damit auch die Nutzenbestimmung allein dem Gesetzgeber obliegt.

Das leitet über zu der spezielleren, ebenfalls in dieser Untersuchung behandelten Frage, was unter dem Nachhaltigkeitsnutzen von Gesetzen zu verstehen ist. Die Studie kommt insoweit zu dem Ergebnis, dass die Beachtung der Wirkungen auf die Nachhaltigkeit bei der Schaffung künftiger Gesetze zu den selbstauferlegten Pflichten der Bundesregierung gehört. Damit stellt die Beachtung der Nachhaltigkeit einen weiteren Gesetzesnutzen dar, der nach den in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) allgemein formulierten Erwartungen der Bundesregierung regelmäßig durch neue Gesetze erreicht werden soll.

Was aber ist Nachhaltigkeit? Der auch von der Bundesregierung verwendete Nachhaltigkeitsbegriff orientiert sich an dem Drei-Säulen-Modell (Ökonomie, Ökologie, Soziales), das auf das Konzept der Nachhaltigkeit des Berichtes der Kommission der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung „Unsere gemeinsame Zukunft“ im Jahr 1987, der sogenannten Brundtland-Kommission, zurückgeht. Nachhaltige Entwicklung ist demnach eine Entwicklung, „welche die Bedürfnisse der gegenwärtigen Generation befriedigt, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.“ Es geht also im Kern um Generationengerechtigkeit. Mit dem Vertrag von Amsterdam von 1997 formulierte die EU drei Säulen der Nachhaltigkeit. Dieses als „Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit“ bezeichnete Prinzip besagt, dass auch die wirtschaftlichen und sozialen Errungenschaften unserer Gesellschaft zur Nachhaltigkeit gehören. Nachhaltige Entwicklung fußt damit auf einer ökologischen, ökonomischen und sozialen Säule. Dem entsprechen auch die Kriterien der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie, die in der Studie übernommen worden sind, weil sie durch die Zustimmung der Bundesregierung demokratisch und politisch legitimiert sind. Dem Standardnutzen-Modell werden somit die Nachhaltigkeitsindikatoren der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung zu Grunde gelegt.

Zur Methodik: Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, einen Nachhaltigkeitsnutzen verbal, monetarisiert oder quantifiziert auszudrücken. Role Model in dieser Studie ist die erprobte Schweizerische Nachhaltigkeitsbeurteilung, die adaptiert worden ist. Die in der Schweiz seit Jahren praktizierte quantifizierende, aber nicht monetarisierende Nachhaltigkeitsbeurteilung (NHB) erweist sich als geeignetes Vorbild für die Methodik des Standardnutzen-Modells. In der Pilotanwendung durch das BMU bewährte sich das Standardnutzen-Modell als praktikabel und leicht anwendbar und lieferte anschauliche Entscheidungshilfen für die Politik.

Wie das Standardkosten-Modell, das einfach, schätzend und politisch breit getragen (das gilt auch für die Nachhaltigkeitsstrategie) ist, erweist sich auch das hier entwickelte Standardnutzen-Modell als anschlussfähig an die Gesetzesfolgenabschätzung, und zwar insbesondere an die der Europäischen Union, bei der schon lange eine Orientierung an dem Dreisäulenmodell erfolgt. Das Standardnutzen-Modell orientiert sich somit in seinen methodischen Eigenschaften am Vorbild des Standardkosten-Modells, das inzwischen zum international anerkannten und eingeführten Erfolgsmodell geworden ist.

(Download Projektbericht)

Unentgeltliche Indienstmaßnahmen von Unternehmen (Februar 2011)

Unternehmen in Deutschland sind gesetzlich verpflichtet, 651 Aufgaben und Tätigkeiten ohne Kostenerstattung für den Staat zu übernehmen. Das ist das Ergebnis einer Studie des Nationalen Zentrums für Bürokratiekostenabbau (NZBA) an der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Die Studie listet erstmalig alle so genannten Inpflichtnahmen des Bundes auf und rät dem Gesetzgeber, auf weitere Pflichten zu verzichten oder für diese zukünftig den Unternehmen die Kosten zu erstatten. (>> Download Studie & Präsentation)

Verwaltungskosten der EU-Bodenrahmenrichtlinie (Juni 2010)

Kosten von EU-Rechtsakten vor Inkrafttreten nicht bekannt -
Europäische Bürokratiekosten treffen Kommunen am härtesten

Bielefeld, 14. Juni 2010. „Die Kosten von EU-Rechtsakten werden vor ihrer Entstehung allenfalls unzureichend geschätzt.  Im Laufe der Jahre dürften damit Kosten für die Bundesrepublik Deutschland entstanden sein, mit denen zuvor kein politisch Verantwortlicher gerechnet hat. Hierin kann eine wesentliche Mitursache für die Staatsverschuldung liegen.“ Diese Feststellung des neuen Leiters des Nationalen Zentrums für Bürokratiekostenabbau und FHM-Professors Dr. Volker Wittberg stand im Mittelpunkt einer Kuratoriumssitzung dieses Gremiums, die in der vergangenen Woche im Bundeskanzleramt in Berlin stattfand.

Das Kuratorium des Nationalen Zentrums für Bürokratiekostenabbau, dessen Vorsitzender Bundesminister a.D. Dr. Norbert Röttgen ist und dem  zahlreiche Persönlichkeiten aus Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik sowie -verwaltung, aber auch aus Unternehmen und Verbänden der Wirtschaft angehören, nahm einen Bericht Wittbergs entgegen, in dem er eine aktuelle Untersuchung der FHM zu den Kostenfolgen von EU-Richtlinien vorstellte. In der Untersuchung, an der auch der ehemalige Herforder Landrat und spätere Justizstaatssekretär Hans-Georg Kluge mitwirkte,  wird erstmals der wissenschaftliche Versuch unternommen,  in Deutschland entstehende Kostenfolgen von EU-Rechtsakten vor Inkrafttreten zu schätzen.

Besonderes Interesse findet die nun nachweislich erhebliche Kostenrelevanz für die staatliche, aber insbesondere auch kommunale Ebene in Deutschland bei dem im Bundeskanzleramt angesiedelten Nationalen Normenkontrollrat, dessen Mitglied und frühere Herforder Oberkreisdirektor Henning Kreibohm der Sitzung beiwohnte. (>> Präsentation & Gutachten)

Kommunen als Opfer von Bürokratie (Juli 2009)

Berichtspflichten an den Bund, die Länder und die EU belasten die Kommunen in Deutschland mit 400 Millionen Euro und 8 Millionen Arbeitsstunden jährlich. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des "Nationalen Zentrum für Bürokratiekostenabbau" (NZBA).

In Zusammenarbeit mit der Fachhochschule des Mittelstande (FHM) in Bielefeld hat das NZBA in Freiburg, Baden-Baden, Kreis Lippe und in Bünde die Bürokratiekosten gemessen. Sämtliche regelmäßige Berichtspflichten wurden aufgelistet, ausgewertet und die pro Pflicht entstehenden Kosten ermittelt. Als Modellkommune diente im Jahr 2007 die Stadt Bünde. Dies stellte zugleich die erste Probemessung nach dem Standardkosten-Modell (SKM) in Deutschland dar. Das Modell misst die bürokratische Belastung von Unternehmen durch Normen. Der jährliche Zeitaufwand für die Erstellung des jeweiligen Berichtes wird mit den Kosten für den mit der Berichtspflicht beschäftigten Mitarbeiter multipliziert. OECD und Weltbank haben die Methodik als international führend anerkannt.

Die Pilotstudie in Bünde bewies, dass das SKM-Verfahren auch als Messinstrument für die Belastung von Kommunen durch Bürokratie angewendet werden kann und nicht nur auf Unternehmensebene geeignet ist. Gleichzeitig dient es auch als Kontrollwerkzeug, das effizient zum Sparen einleiten kann.

Zentrales Ergebnis der Studie in Bünde: Die Stadt wendet im Jahr Personalkosten von über 90.000 Euro für die Erfüllung gesetzlicher Berichtspflichten auf (20 % stammen aus Bundesgesetzen, 80 % aus Landesrecht). Der Zeitaufwand für die etwa 48.000 Einwohner große Stadt beträgt rund 2.000 Arbeitsstunden. Zwei Vollzeit-Kräfte sind mit dem Verfassen von Berichten beschäftigt. Dazu zählt die Vorgabe, jedes abgebaute Verkehrsschild bei der Bezirksregierung schriftlich zu melden. In der Kläranlage wird der Schlamm nicht einmal, sondern laut Verordnung dreimal untersucht. Die Stadt führt Statistiken über Usambara-Veilchen, Blumenrabatte und Spätkohlrabi. Die erstellten Papiere gehen dann durch mehrere Hände, weil diverse Ämter die Angaben der Stadt noch kontrollieren und eigene Berichte schreiben. Das Agrarstrukturgesetz des Bundes macht es erforderlich, dass Kommunalbedienstete regelmäßig ausschwärmen, um Daten über den Bestand von Vieh, Obstbäumen und andere agrarische Bereiche zu ermittteln.

Das NZBA fordert, dass der Bürokratieabbau künftig auch mit Blick auf die Kommunen systematisch vorangetrieben wird. Staatlich veranlasste Informationspflichten für Kommunen dürfen nicht nachrangig im Vergleich zur Wirtschaft behandelt werden. Im nächsten Schritt möchte das NZBA eine flächendeckende Ermittlung der Belastung der Kommunen in Deutschland durch Informationspflichten erreichen.


Die Studie wurde aus diesem Anlass am 30. Juli 2009 einer Arbeitsgruppe der Arbeitsgemeinschaft Wirtschaftliche Verwaltung (AWV) vorgestellt, in der u.a.  die Stabstelle Bürokratieabbau des Bundeskanzleramtes, das statistische Bundesamt, der Nationale Normenkontrollrat und das Innenministerium vertreten waren.

Seit dem Tag der Veröffentlichung steht die Studie hier frei zum Download verfügbar.

Publikationen

Analyse der Wirkmächtigkeit der Entfesselungspakete der Landesregierung NRW

Nationaler Nachhaltigkeitskompass: Standardnutzen-Modell

Nationaler Nachhaltigkeitskompass: Standardnutzen-Modell

Entwicklung eines Standardnutzen-Modells zur systematischen Schätzung des Nutzens von Gesetzen und Regelungen auf Basis eines nachhaltigen Wachstumsbegriffs

Autoren: Volker Wittberg | Hans-Georg Kluge | Frauke Ley |
Thomas Wolf-Hegerbekermeier |Hans-Jörg Dietsche | Matthias Schäfer |  unter Mitarbeit von Henning Bornkessel, Metje Rocklage und Heiko Rottmann

ISBN 978-3937149-52-3

Bürokratieabbau und Bürokratiekostenmessung

Bürokratieabbau und Bürokratiekostenmessung in der Bundesrepublik Deutschland: Strategien und Modelle unter besonderer Berücksichtigung ausländischer Erfahrungen

  • Prof. Dr. Richard Merk, Geschäftsführer der Fachhochschule des Mittelstands (FHM)

Autoren: Hans Werner Busch | Helmut Kauther | Gerhard Klippstein | Henning Kreibohm |Jochen Zülka

ISBN 3-937149-09-0

NZBA - Infobrief Nr. 1

SKM und Kommunen – Die Definition der Informationspflicht als Voraussetzung der Messbarkeit der Bürokratiekosten der Kommunen 

Dr. Hans-Jörg Dietsche,

Mitglied des Kuratoriums des NZBA

Zum Download

Stellungnahme des NZBA an die Föderalismuskomission II

Stellungnahme des NZBA an die Föderalismuskommission II
(November 2008)

Gesetzescheck

Gesetzescheck - Die Gesetzgebung der Großen Koalition in der ersten Hälfte der Legislaturperiode des 16. Deutschen Bundestages (2005-2007)

  • Ulrich Karpen
  • Iris Breutz
  • Anja Nünke

ISBN 3-937149-22-8

Kommunen als Bürokratieopfer

Kommunen als Bürokratieopfer

  • Gerhard Klippstein
  • Norbert Röttgen

Autoren: Hans-Jörg Dietsche | Karsten Glied | Hans-Georg Kluge | Frauke Ley

ISBN 3-937149-24-4

Handbuch Standardkosten-Modell

Zum Download

Tagungen

4. Fachtagung Bürokratieabbau der KAS am 24.11.2016

Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung - Eine Bestandsaufnahme zu den Ansätzen im Bund und in den Ländern

Vierte Fachtagung Bürokratieabbau der Konrad-Adenauer-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule des Mittelstands Bielefeld und dem Bundesarbeitskreis Christlich-Demokratischer Juristen

Seit Längerem begleitet die Konrad-Adenauer-Stiftung die Debatte um Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung mit Fachtagungen und Publikationen. Eine funktionsfähige Verwaltung und eine zielführende Rechtsetzung sind aus unserer Sicht prägende Bestandteile eines ordnungspolitischen Verständnisses von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft.

Wir wollen uns im Rahmen einer Expertenkonferenz mit der Frage beschäftigen, welche Perspektiven der Bürokratieabbau unter dem künftigen Mandat des Nationalen Normenkontrollrates einnehmen wird und dabei einen besonderen Blick auf den Stand des Themas in einigen Bundesländern werfen. Wir erwarten Fachleute aus Parlament, Ministerien, den Verbänden und Forschungseinrichtungen, die wir in das Gespräch und die Debatte einbeziehen wollen.

Ausführlicher Veranstaltungsbericht zur 4. Fachtagung Bürokratieabbau der KAS

Vierte Fachtagung Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung: Eine Bestandsaufnahme zu den Ansätzen im Bund und in Ländern

In der inzwischen vierten gemeinsamen Fachtagung Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung von Konrad-Adenauer-Stiftung, Fachhochschule des Mittelstandes Bielefeld und dem Bundesarbeitskreis Christlich-Demokratischer Juristen diskutierten die Teilnehmer den aktuellen Stand des Themas mit einem besonderen Blick auf die Situation von Bürokratieabbau und besserer Rechtsetzung in den Ländern.
In seiner Begrüßung ordnete das Vorstandsmitglied der Konrad-Adenauer-Stiftung, Dr. Franz Schoser, die aktuelle Tagung ein. In den vorangegangenen Fachtagungen lag der Fokus auf den jeweiligen Mandaten des im Jahr 2006 eingerichteten Nationalen Normenkontrollrates (NKR) und den methodischen Grundlagen seiner Arbeit: der Erhebung von Informationspflichten und des Erfüllungsaufwands sowie der Einführung des Standardkostenmodells zur Bezifferung der Bürokratiekosten.  Der spezifisch politische Blickwinkel der Fachtagungen resultierte darüber hinaus aus der Einbeziehung der Europäischen und der kommunalen Ebene sowie der Bund-Länder-Abstimmung in die jeweilige Fachtagung. Aus Anlass des dritten Mandats des NKR, dessen Arbeit nun in ihre zweite Dekade geht, erörterten die Teilnehmer am 24. November 2016 die künftigen Potentiale des Politikfeldes „Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung“ und stellten Erfahrungen und Perspektiven von Seiten ausgewählter Ländern zur Diskussion.
In einer Videobotschaft (Zur Videobotschaft) skizzierte Staatsminister Professor Dr. Helge Braun MdB, Koordinator der Bundesregierung für Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung und Staatsminister bei der Bundeskanzlerin, die politische Bedeutung des Themenfeldes: Die bedeutende Stellung einer effizienten, verlässlichen Verwaltung, die  klare Regelungsbestände schafft und dadurch die Bürger und Unternehmer von unnötiger Bürokratie entlastet.  In der zehnjährigen Zusammenarbeit der Bundesregierung mit dem (NKR) ist ein Vertrauensverhältnis entstanden, das beiden Seiten Möglichkeiten einräumt, dem Themenfeld Relevanz zu geben. Dabei haben sich aus Sicht der aktuellen Bundesregierung drei zentrale Instrumente zum Bürokratieabbau und besserer Rechtsetzung etabliert:

  • Die Veröffentlichung des Bürokratiekostenindex seit 2012 zur empirischen Ermittlung  und Quantifizierung von  Bürokratiekosten im weiteren Sinne für Bürger, Unternehmen und Verwaltung
  • Die Implementierung der Bürokratiebremse im Jahr 2015 unter dem Slogan „One in, one out“, wonach für Gesetzesvorhaben mit zusätzlichem Erfüllungsaufwand an anderer Stelle eine Reduktion des Erfüllungsaufwandes sichergestellt werden muss. Im Jahr 2015 war ein Rückgang des Erfüllungsaufwandes um 950 Mio. Euro festzustellen.
  • Die Einführung einer Lebenslagenbefragung im Jahr 2015 durch das Statistische Bundesamt zur Ermittlung des Bürokratieaufkommen im Alltag der Bundesbürger (Wie erleben Menschen in Deutschland Recht und Verwaltung?)

Auf dieser Basis wird die Bundesregierung im Themenfeld weiterhin vorantreiben.
In einem Zwischenruf eröffnete die Vorsitzende der Arbeitsgruppe Recht der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker MdB, welchen Stellenwert das Thema Bürokratieabbau und die Arbeit des NKR aus Ihrer Sicht einnimmt (Zum Download der Rede). Sie unterstrich die Bedeutung einer effizienten und verlässlichen Bürokratieausgestaltung als Standortfaktor nicht allein auf Ebene des Bundes, sondern gerade auch für das Verhältnis zwischen einzelnen Bundesländern und verweist beispielhaft auf Entscheidungen einzelner Unternehmen, aus Gründen der Bürokratie den Firmensitz zu verlegen. Fortschritte in der Einbeziehung des NKR in die parlamentarische Arbeit sind zu verzeichnen, Potentiale zur Vertiefung der Arbeit aber auch vorhanden.  So können Gesetzesvorlagen, die über die Fraktionen eingebracht werden, nur auf Antrag der einbringenden Fraktion einer ex-ante Folgekostenprüfung unterworfen werden, nicht aber auf Initiative anderer Fraktionen oder des NKR, was missbräuchliche Umgehungen der NKR-Prüfung nach sich ziehen kann.
Der Vorsitzende des NKR, Dr. Johannes Ludewig, skizzierte zunächst die historische Aufgabenentwicklung des NKRs seit 2006 in den vergangen 10 Jahren mit der Umsetzung eines akzeptierten Standardkostenmodells und der Erreichung eines Bürokratieabbauziels, vor allem auch vielfältiger ex-ante Stellungnahmen zu den Bürokratiefolgen gesetzgeberischer und damit politischer Maßnahmen und aktuell die Erschließung des Ex-ante-Kostenermittlung des EU-Rechts durch den NKR (Zum Download der Präsentation). Mit Blick auf die Zukunft gab Johannes Ludewig folgende Impulse und Empfehlungen für die künftige Arbeit im Themenfeld Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung:

  • eine stärkere Einbindung der Länder und Kommunen (regionales und lokales Applikationswissen) in der Analyse der Vollzugstauglichkeit von Gesetzesvorhaben;
  • die E-Governmentfähigkeit als neues Bewertungskriterium für die Ex-ante-Analyse;
  • eine systematische Revision der Gesetzesanwendung und Gesetzesumsetzung nach max. fünf Jahren;
  • eine stärkere Quantifizierung des Vorhabennutzens, welches eine umfassendere Bewertung von Gesetzesvorlagen liefern soll;
  • eine Stärkung der Vorbildfunktion des NKRs und die Verbreitung seiner Arbeitsmethoden im europäischen Ausland;
  • eine stärkere Verbreitung der Bürokratieabbaumechanismen auf EU-Ebene

Der Hinweis auf die unabdingbare Relevanz der politischen Rückendeckung durch führende Persönlichkeiten für die Arbeit des NKR bildet den Abschluss der Präsentation.
Eine sich anschließenden Podiumsdiskussion erörterte die Entwicklungen in verschiedenen Länder. Dr. Günter Horetzky, Staatssekretär Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie Mittelstand und Handwerk NRW, berichtete vom Mittelstandsförderungsgesetz  und der Einrichtung der Clearingstelle Mittelstand, die seit 2013 in NRW die Verantwortung zur Evaluierung der Verträglichkeit von Gesetzen und Verordnungen für KMUs übernimmt. Sie ist bei der IHK lokalisiert und wird von der Kooperation der Sozialpartner getragen.
Michael Czupalla, ist der Vorsitzende des einzigen NKR in einem Bundesland, das von der Sächsischen Landesregierung umgesetzt und im Justizministerium angesiedelt wurde. Der NKR-Sachsen behandelt landesspezifische Gesetzgebungsverfahren und orientiert sich stark an den Impulsen und Erfahrungen des Bundes-NKR. Ziel ist es, das Leben der Bürger und Unternehmer aus Verwaltungssicht einfacher zu gestalten. Dabei nimmt die Bürgerkommunikation einen hohen Stellenwert im Kontext des erfolgreichen Bürokratieabbaus, eine Erfahrung, die der frühere Landrat bei der Verwaltungs- und Gebietsreform in Sachsen gemacht hat und in sein neues Amt einbringt.
Eberhard Wurster, Abteilungsleiter im Ministerium für Inneres, Migration und Digitalisierung Baden-Württemberg, betonte, dass der Bürokratieabbau dem Innenministerium in Baden-Württemberg obliegt und weist zunächst auf die organisch gewachsene Bürokratieabbaustrukturen seit den 1980er-Jahren hin. In Baden-Württemberg wird ein umfassendes Verständnis der Verwaltungsarbeit als essentieller Pfeiler des Rechtsstaates gepflegt, an der sich Bürokratieabbau zu orientieren habe. Bei allen Bürokratieabbaubestrebungen ist eine Balance zwischen der Effizienz der Verwaltung und der Sicherung der Rechtsstaatlichkeit zu wahren. Die Notwendigkeit klarer Entscheidungs- und Verantwortungsstrukturen ist essentiell für funktionierendes Verwaltungshandeln und mögliche Erfüllungsaufwandsbegrenzungen. Die Kooperation zwischen den Verwaltungs- und Evaluationsstellen hat hohe Bedeutung und die Notwendigkeit politischer Rückendeckung durch die politische Führung (stilbildend die Vorbildfunktion des früheren Ministerpräsidenten Lothar Späth) ist auch auf Länderebene unabdingbar für dieses Thema.
Barbara Richstein MdL aus Brandenburg erwähnt das Standarderprobungsgesetz  aus dem Jahr 2006, das als Mittel zur Erprobung von Maßnahmen zum Bürokratieabbau auf Kommunalebene in mit einer Laufzeit bis 2021 eingeführt wurde, durch die Landesregierung aber nicht verfolgt werde, was auch darin zum Ausdruck komme, dass die Internetseite zum Thema seit 2009 nicht mehr aktualisiert worden sei. Viel deutet darauf hin, dass die Gesetzesfolgekostenabschätzung bislang keine Anwendung findet und  großer Nachholbedarf in Fragen der Gestaltung effizienter Verwaltungsstrukturen in Brandenburg besteht. Das Thema E-Government kann dabei helfen, diesen Rückstand aufzuholen,  dafür sind aber Kommunikationsschnittstellen der verschiedenen Ebenen und Behörden und verwaltungsübergreifend abzustimmen. Die vorhandenen Einsparpotenziale treten aber häufig in Konflikt zu Erwägungen des Datenschutzes, der zudem bundesweit nicht einheitlich gehandhabt werde.
Dr. Hans-Dieter Holtzmann, Leiter des Public Sektor der Deutschen Bank beschrieb aus Sicht eines Beratungsunternehmens die Fortschritte und Engpässe beim Bürokratieabbau. Bürokratieabbau darf nicht zu Kontrollverlust oder Knappheit beim staatlichen Handeln führen, er sieht Potential vor allem in einem funktionierenden Verwaltungsförderalismus, der Quantifizierungs- und Optimierungstendenzen besser zutage fördern kann. Herausragende Bedeutung hat das Effizienzpotenzial des E-Governments , hier ist mehr erforderlich als eine Homepage ins Netz zu stellen. Aber sowohl aus Sicht der Nutzer als auch der Verwaltung bestehen Effizienz- und Transparenzmöglichkeiten. Einschränkend spricht er  allerdings darüber, dass es bisher fehle an der Nutzung der Angebote durch die Bürger, vor allem der älteren Jahrgänge. Hier muss der Staat besser kommunizieren und die Nutzungsbarrieren und -widersprüche abbauen.
Zum Abschluss reagierte Dr. Johannes Ludewig auf einzelnen Themen der Podiumsdiskussion. Er vertritt im E-Government Bereich einen Top-Down Ansatz, der eine einheitliche Anwendung in allen Behörden ermögliche und nennt das Vorbild Österreichs.  Er sieht einerseits den Vorteil, einen roten Faden in der E-Government Entwicklung in Deutschland sicherstellen zu können und andererseits essentielle Entwicklungsimpulse durch zentral gesteuerte Initiativen. Von Seiten der Ländervertreter wird kritisch angemerkt, dass dieser nachvollziehbare Ansatz nicht dazu führen dürfe, bestehende Verwaltungskooperation innerhalb und zwischen Ländern zu zerstören und die Entfaltung dezentraler subsidiärer Lösungen zu unterbinden. Vielmehr bedürfe es vor allem eines besseren Austausches über die gemachten Erfahrungen auf allen staatlichen Ebenen, denn der Bund habe hier bislang keine Vorreiterrolle inne.
Am Nachmittag wurde die Tagung mit zwei Werkstattberichten aus Wissenschaft und Praxis abgeschlossen. Professor Dr. Volker Wittberg von der FHM und Dr. Bernhard Gibis von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung stellten den Bürokratieindexes (BIX) 2016 vor, der die Abbildung der Bürokratiekosten in den Praxen der niedergelassenen Ärzte ermöglicht (Zum Download der Präsentation). Der BIX ist um knapp fünf Index-Punkte gesunken im Zeitraum von 2013-2016, was zu einer bundesweiten Entlastung der Praxen von etwa 2 Mio. Stunden für bürokratische Arbeit führt. Betrachtungsgegenstand sind Informationspflichten aus Regelungen der Selbstverwaltung. Dr. Bernhard Gibis plädiert für die Definition klarer Bürokratieabbauziele und die Sicherstellung der Umsetzbarkeit und spricht sich für die feste Implementierung von Ex-ante-Messungen als standardisierte Informationsform aus. Erschreckend sei, dass viele junge Ärzte erklärten, aufgrund von Bürokratiepflichten keine Selbständigkeit anzustreben.
Notar und Rechtsanwalt Dr. Manfred Rack stellte ein selbst entwickeltes IT-basiertes Compliance Management System für die Pflichten der Geschäftsführung in Industriebetrieben vor. Unternehmen weisen einen hohen Erfüllungsaufwand für Compliance auf, die durch Rechtspflichten vorgegeben werden. Insgesamt gibt es 14.000 Rechtsnormen, von denen ausgewählte je nach Betrieb durch die Geschäftsführung ausgewählt, angewandt  und auf die Mitarbeiter delegiert werden. Das führt zu einem hohen Kostenaufwand, in einer vorgestellten Fallstudie des Unternehmens GKM in Offenbach bedeutet dies ca. 3,6% des Jahresumsatzes als Rechtaufwendungen zur Erfüllung der Rechtspflichten. KMUs sind dadurch besonders belastet. Hilfreich für die Reduzierung der Kosten für den Erfüllungsaufwand sind Digitalisierungs-Ansätze (Legal-Tech), die Vermeidung von Leerkosten (Standardisierung, Netzwerkeffekte, Null-Grenzkosten) sowie automatisiert aktualisierte Datenbanken zum Zwecke der Standardisierung des Pflichtenmanagements  und als verlässliches Mittel zur Einhaltung der Rechtspflichten dar (digitales Gedächtnis und digitaler Filter).

Zusammenfassung:

  • Fachtagung behandelt multiperspektivisch den Prozess des Bürokratieabbaus
  • Relevante Akteure unterschiedlicher Verwaltungsebenen und des Bürokratieabbauprozesses werden vorgestellt und in einen Diskurs verwickelt, um den Status quo zu ermitteln und Zukunftsperspektiven auszudiskutieren
  • Es ist festzustellen, dass auf Länderebene eine starke Disparität in Fragen der Umsetzung von Bürokratieabbaumaßnahmen besteht
  • Die Digitalisierung nimmt eine wichtige Stellung als zukunftsgestaltende Technologie in der Verwaltungsarbeit ein
  • Dabei wird der Ausbau und die Integration von E-Governmentstrukturen auf Länder- und Bundesebene eine entscheidende Rolle spielen, die jedoch zurzeit in ihrer Konnektivität und ihrem Angebotsvolumen unzulänglich sind
  • Am Beispiel des Compliance-Managements werden neue Techniken zur Aufwands- und Kostenreduktion im Bereich der Rechtspflichtenerfüllung vorgestellt

3. Fachtagung Bürokratieabbau der KAS am 20.11.2012

Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung im Verhältnis von Bund und Ländern

Dritte Fachtagung Bürokratieabbau der Konrad-Adenauer-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule des Mittelstands Bielefeld und dem Bundesarbeitskreis Christlich-Demokratischer Juristen

Seit einigen Jahren befasst sich die Konrad-Adenauer-Stiftung mit Herausforderungen des Politikziels „Bessere Rechtsetzung und Bürokratieabbau“. Dieses wurde nun im Rahmen der dritten Fachtagung Bürokratieabbau am 20. November 2012 wieder in Zusammenarbeit mit dem Bundesarbeitskreis Christlich Demokratischer Juristen (BACDJ) und mit der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) in der Akademie der KAS in Berlin fortgesetzt.

Nachdem auf den beiden vorhergehenden Fachtagungen die kommunale und die europäische Ebene besonders in den Blick genommen wurde, standen in diesem Jahr speziell die Ebene der Bundesländer und des Bundesrates im Fokus. Diskutiert wurde, welchen Beitrag die für unseren Staatsaufbau so elementare Länderebene im Politikfeld Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung leistet.

Über einen innovativen Ansatz zur besseren Rechtsetzung referierten Prof. Dr. Volker Wittberg, der Leiter des Nationalen Zentrums für Bürokratiekostenabbau (NZBA) an der FHM, und Staatssekretär a.D. Hans-Georg Kluge. Diese stellten ein aktuelles durch das Bundesumweltministerium gefördertes Forschungsvorhaben zur "Entwicklung eines Standardnutzen-Modells zur systematischen Schätzung des Nutzens von Gesetzen und Regelungen auf der Grundlage eines nachhaltigen Wachstumsbegriffs" vor.

2. Fachtagung Bürokratieabbau der KAS am 19.10.2011

Zweite Fachtagung Bürokratieabbau der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. am 19. Oktober 2011 in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) Bielefeld und dem Bundesarbeitskreis Christlich Demokratischer Juristen (BACDJ)

Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung sind zentrale Politikziele der Bundesregierung. Das dokumentiert nicht zuletzt die Ausdehnung des Mandats des Nationalen Normenkontrollrates vom März 2011. Im Fokus dieser Aufgabenausweitung steht die Messung der Erfüllungskostenfür Wirtschaft, Bürger und Verwaltung durch neue gesetzliche Regelungen. Dazu sprechen unter anderem Bundesumweltminister Dr. Norbert Röttgen, Vorsitzender des Kuratoriums des Nationalen Zentrums für Bürokratieabbau an der FHM Bielefeld und der Vorsitzende des NKR, Dr. Johannes Ludewig.

Auf der zweiten Fachtagung Bürokratieabbau werden ferner erstmalig auch die bürokratischen Folgen der Europäischen Rechtsetzung für Behörden und Unternehmen durch die Umsetzung von Richtlinien  in nationales Recht in den Blick genommen. Es ist daher eine besondere Ehre, dass Ministerpräsident a. D. Dr. Edmund Stoiber, Vorsitzender der Hochrangigen Gruppe für den Bürokratieabbau bei der Europäischen Kommission und Frau Dr. Marianne Klingbeil, Stellvertretende Generalsekretärin für Bessere Rechtsetzung, Bewertung und Folgenabschätzung beim Generalsekretariat der Europäischen Kommission sowie von parlamentarischer Seite Elmar Brok MdEP ihre Teilnahme zugesagt haben.
 
Des Weiteren freuen wir uns auf die Präsentation neuer Forschungsergebnisse der Fachhochschule des Mittelstands Bielefeld, die Prof. Dr. Volker Wittberg und Staatssekretär a.D. Hans-Georg Kluge vorstellen werden sowie auf den Beitrag des Vorsitzenden des BACDJ, Prof. Dr. Günter Krings.

Die Fachtagung Bürokratieabbau findet am 19. Oktober 2011 in der Zeit von 11 Uhr bis voraussichtlich 18 Uhr in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung, Tiergartenstraße 35, 10178 Berlin statt. Wir bitten Sie, sich schonheute den Termin zu notieren und freuen uns auf Ihr Interesse.

1. Fachtagung Bürokratieabbau der KAS am 15.10.2008

Hier haben Sie die Möglichkeit, die Präsentationen von der Veranstaltung "Kommunen als Bürokratieopfer – muss der Bund mehr zahlen?" (15.10.2008) herunterzuladen.