Arbeitszeiterfassung – eine Scheindiskussion?

 

Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (1ABR 22/21) sind Arbeitgeber nun verpflichtet, die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter zu erfassen.  Nach dem deutschen Arbeitszeitgesetz mussten bisher nur Überstunden und Sonntagsarbeit dokumentiert werden, nicht die gesamte Arbeitszeit. Das ändert sich nun. Hierzu finden Sie untenstehend ein Statement von Prof. Dr. Tim Brüggemann.

Prof. Dr. Tim Brüggemann ist Prorektor für Online-University, Fernstudium und Weiterbildung an der Fachhochschule des Mittelstands (FHM). Er ist seit vielen Jahren als Bildungsforscher tätig und Experte für New Work- und New Learning-Themen. Unter anderem hat er den Studiengang M.A. New Work & New Learning Management entwickelt, den die FHM in diesem Jahr erstmalig anbietet.

„Bei der aktuellen Diskussion zur Pflicht der Arbeitszeiterfassung handelt es sich in erster Linie um eine juristische Diskussion im Sinne des Arbeitsschutzes. Dadurch soll verhindert werden, dass einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei flexiblen Arbeitssituationen wie zum Beispiel Homeoffice pro Tag oder pro Woche zu viel arbeiten. Ich halte dies für eine Scheindiskussion und für eine anachronistische Diskussion, denn im Zuge von „New Work“ wird es zukünftig immer weniger um quantitative Zeiterfassung gehen, sondern vielmehr um qualitative Arbeitsergebnisse. Zukünftig wird es immer mehr Aushandlungsprozesse zwischen Arbeitgeber/-innen und Arbeitnehmer/-innen darüber geben, zu welchen Meilensteinen wir eigentlich welche Arbeitsergebnisse benötigen. Und dann kann jeder Mitarbeitende selbst bestimmen, wie lange er pro Tag oder pro Woche darauf verwendet, um dort hinzukommen – denn man hat sich ja bereits auf das Arbeitsergebnis und das Abgabedatum verständigt. Die Wege dahin sind bei jedem ganz individuell, weil jeder so, wie er individuell anders lernt, auch individuell anders arbeitet. Jede Work-Life-Balance sieht bei jedem anders aus. Wichtig ist nur, dass wir uns auf qualitative Arbeitsergebnisse in bestimmten Zeiträumen verständigen. So geht die Arbeit in Zukunft.“

Prof. Dr. Tim Brüggemann,
Prorektor FHM Online-University, Fernstudium und Weiterbildung