Das Jahr 2020 wird in die Geschichte eingehen – als das Jahr der Corona- Pandemie. Die Entwicklung war von Anfang an äußerst dynamisch: Sorgte man sich im Januar noch um rund 40 Patienten in China, so waren es Anfang März mehr als tausend Neuinfektionen auch in Deutschland. Das Coronavirus war in der Mitte der Gesellschaft angekommen und unser Studienalltag wurde komplett auf den Kopf gestellt – doch statt Stillstand gestaltete die FHM aktiv das „neue Normal“.
(Der Text erschien im Oktober 2020 im Hochschulmagazin FHM CAMPUS.REPORT)
Anfang März 2020 stand das Thema COVID-19 bei der Fachhochschule des Mittelstands zum ersten Mal offiziell auf der Agenda. Das Rektorat hatte die Lage schon seit einiger Zeit beobachtet und alle Entwicklungen und Möglichkeiten genau sondiert. Diesem vorausschauenden Krisenmanagement ist es zu verdanken, dass die FHM als eine der ersten Bildungseinrichtungen in Deutschland bereits am 16. März den kompletten Studienbetrieb auf die Onlinelehre umstellen konnte. Die endgültige Entscheidung fiel am Freitag, den 13. März – in diesem Fall war das aber ein gutes Omen, denn die Umstellung gelang schnell und reibungslos über das Wochenende. Dies war vor allem durch das technische Selbstverständnis und die FHM Online-University möglich. „An der FHM ist das Thema Onlinelehre bereits seit vielen Jahren fest im Studienangebot verankert – besonders im berufsbegleitenden Studium und im Fernstudium. Wir wollten unseren Studierenden auch in der Corona-Situation, mitten im Trimester, weiterhin die gewohnte Lehre bieten und haben daher sehr schnell gehandelt“, so Prof. Dr. Anne Dreier, Rektorin der FHM.
Die Fachhochschule des Mittelstands bietet einige Studieninhalte bereits seit dem Jahr 2005 online an. „Wir können inzwischen auf 15 Jahre Erfahrung im Bereich der Onlinelehre zurückgreifen“, so Prof. Dr. Anne Dreier. „Im Laufe der Zeit wurde der Einsatz immer umfangreicher und ist heute Teil all unserer berufsbegleitender Studiengänge.“ Natürlich finden auch das Fernstudium und die Veranstaltungen der Online-University online statt. „Die FHM hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich bei den virtuellen Räumen aufgestockt, um den Bedarf zu decken. Zu Beginn der Corona-Pandemie wurde der Onlinebereich noch einmal um 50 zusätzliche Räume auf nun 200 virtuelle Räume erweitert, in denen parallel die Vorlesungen liefen.“
Dank ihrer langjährigen Erfahrung gelang der FHM etwas, das nicht viele Hochschulen von sich behaupten können: Die Lehre ging ohne Zeitverlust für alle Studierenden weiter. Alle 95 Professoren und knapp 400 Lehrenden aus der freien Wirtschaft boten für alle 5.200 Studierenden eine Zeit lang das Studium komplett in Live-Onlineveranstaltungen an. Für Prof. Dr. Tim Brüggemann, Prorektor Online-University, Fernstudium und Weiterbildung, war dies eine Teamleistung: „Alle Abteilungen haben an einem Strang gezogen und die Umstellung gemeinsam gestemmt. Alle Dozenten wurden in Sachen Onlinelehre, Technik, Didaktik und Methodik geschult, sofern sie nicht sowieso schon weitreichende Erfahrungen auf diesem Gebiet hatten.“
Die Onlinelehre an der FHM ging einen Schritt weiter, als es an vielen anderen Hochschulen in Deutschland während der Corona-Zeit der Fall war. Hier gab es nicht nur Online-Aufgaben und -Materialien, welche die Studierenden allein zuhause erledigen mussten, sondern ganz im Gegenteil: es fand ein reger Austausch im virtuellen Raum statt. Alle Online-Vorlesungen an der FHM wurden auch in der Corona-Zeit als interaktive Veranstaltungen angeboten, bei denen Lehrende und Studierende im Echtzeit-Unterricht aufeinandertrafen. Dass sich dieser Einsatz gelohnt hat, zeigen nicht zuletzt die Reaktionen aus dem Studierendenkreis, die bis heute durchweg positiv ausfallen.
Durch die kleinen Studiengruppen gab es einen besonders persönlichen Austausch und einen hohen Grad an Interaktionen – das wirkte sich auch auf die Onlinelehre an der FHM positiv aus. „Es war einfach toll zu sehen, wie groß der Zusammenhalt war. Viele Lehrende und auch Studierende nutzten eine Technologie, die für sie neu und ungewohnt war und begaben sich damit mutig auf ungewohntes Terrain. Besonders an die Moderation dieser Veranstaltungen durch die Lehrenden stellte dies sehr hohe Anforderungen. Lehrende und Studierende gingen die neue Situation gemeinsam an, füllten den virtuellen Raum mit Leben und machten die Online-Vorlesungen an der FHM zu interaktiven Veranstaltungen“, so Prof. Dr. Anne Dreier.
Bei so vielen täglichen Stunden im virtuellen Lernraum war es besonders wichtig, die Onlinelehre praxisnah, lehrreich und abwechslungsreich zu gestalten. Prof. Dr. Christoph Brake ist bereits seit dem Jahr 2002 Professor an der FHM und hat die Entwicklung und die Einführung von E-Learning mit synchronen Plattformen von den Anfängen an miterlebt und mitgestaltet: „Die FHM bietet die technischen Mittel für eine passgenaue Umsetzung der Onlinelehre. Wir haben verschiedene Möglichkeiten genutzt, zum Beispiel arbeiteten wir in Videokonferenzen, wo Lehrende und Lernende sich hören und sehen können. Wie auch in der Präsenzlehre üblich, kann man im virtuellen Raum zum Beispiel PowerPoint-Präsentationen und viele Formen von Medien sowie auch Videos hochladen und in den Lehrprozess integrieren. Auch der schnelle Wechsel zu weiteren online verfügbaren Mitteln ist unkompliziert und fließend möglich – zum Beispiel die Einbindung von Online-Ressourcen wie YouTube-Videos oder Illustrationen zu bestimmten Themen, zu denen wir ad hoc Visualisierungen aus dem Internet laden. Wir konnten auch schnelle Abstimmungen und Umfragen im virtuellen Raum durchführen, die als didaktisches Mittel in der Lehre eingesetzt wurden. Außerdem konnten wir immer wieder vom Plenum in die Gruppenarbeit wechseln – dafür kann ich als Lehrender den virtuellen Raum in verschiedene Untergruppen aufteilen, in denen die Studierenden dann in Kleingruppen unter sich sind und zum Beispiel 15 Minuten Zeit zur Erarbeitung eines gemeinsamen Ergebnisses bekommen. Ich als Dozent kann zwischen diesen Räumen und den Gruppen wechseln, überall teilnehmen, schauen, ob es Fragen gibt und nach der Phase der Gruppenarbeit diskutieren wir dann die Ergebnisse im Plenum. Diese Formen der Gruppenarbeit geben uns die Möglichkeit, das problemorientierte Lernen als didaktisches Format besonders zielführend einzusetzen.“
Betrachten wir einmal die genauen Zahlen: An der FHM wurden seit Krisenbeginn rund 40.000 Unterrichtsstunden Onlinelehre durchgeführt (Stand 28. August). Dazu wurden seitdem 200 virtuelle Räume genutzt, der Zugang erfolgte für die Studierenden über das Campus-Management-System TraiNex. Und nicht nur das: Insgesamt standen den Studierenden hier außerdem 89.000 Lehrmaterialien online zur Verfügung. Die FHM setzte damit die komplette Onlinelehre in Veranstaltungsform um. An der FHM konnten so alle Studierenden das Trimester und damit ihr Studium in der geplanten Zeit abschließen. Auch alle Prüfungen fanden statt – entweder online oder unter Berücksichtigung besonderer hygienischer Anforderungen in Präsenz in der FHM. Übrigens: Auch, als eine Rückkehr in die Präsenz möglich wurde, war die FHM wieder eine der ersten Hochschulen, die diese Chance nutzte. Dank der kleinen Studiengruppen und der passenden Räumlichkeiten war es bereits im Juli möglich, rund ein Drittel der Lehre wieder am Campus durchzuführen. Auch für das Wintertrimester können sich die Studierenden auf umfangreiche Präsenzveranstaltungen freuen. Die FHM startet als eine von wenigen Hochschulen pünktlich zum 1. Oktober 2020.
Prof. Dr. Tim Brüggemann spricht im Interview mit dem CAMPUS.REPORT (erschienen im Oktober 2020) über die schnelle Umstellung der FHM auf Onlinelehre, erklärt, worauf es ihm als Prorektor für Online-University, Fernstudium und Weiterbildung besonders ankommt und erläutert, was die Bildungsforschung zum Thema Onlinelehre zu sagen hat.
Herr Brüggemann, Sie waren maßgeblich am Gelingen der schnellen Umstellung auf Onlinelehre beteiligt. Wie haben Sie persönlich diese Phase empfunden?
Als wir im März die Umstellung auf Onlinelehre entschieden und quasi über das Wochenende realisiert haben, war das vor allem eine herausragende Teamleistung. Da haben alle Abteilungen sehr konstruktiv und erfolgreich zusammengearbeitet. Uns als Hochschulleitung war besonders wichtig, dass wir schnell reagieren und es trotz der Corona-Situation nicht zu Verzögerungen im Studienbetrieb kommt. Gleichzeitig stand aber im Fokus, dass es keinen Qualitätsverlust geben darf – auf keinen Fall sollte die Umstellung bedeuten, dass der interaktive Austausch in der Lehre verloren geht oder wir gar – wie es gerade zu der Zeit oft in anderen Bildungseinrichtungen üblich war – nur Materialien zur Verfügung stellen und die Studierenden damit alleine lassen.
Im ersten Schritt war es unter anderem wichtig, für die passende Infrastruktur zu sorgen, die auf den massiven Zuwachs an Onlineveranstaltungen ausgelegt war. Als Beispiel zu nennen ist hier das Dozentenmanagement, das für die gesamte Raumplanung zuständig ist. Es war ja erst einmal notwendig, die ganzen neuen virtuellen Räume zu planen und zu organisieren – das war die Grundvoraussetzung, damit die Lehre überhaupt interaktiv in virtuellen Klassenräumen stattfinden konnte. Dann ging es um die Vorbereitung aller Dozenten – auch das war eine organisatorische Leistung, an der viele Abteilungen beteiligt waren. Natürlich die Fachbereiche, das Institut für Weiterbildung & Kompetenzentwicklung (IWK) und das Hochschuldidaktische Zentrum (HDZ), aber auch das Marketing und die IT-Abteilung, denn zunächst musste es eine Struktur geben, wie wir schnell und auch noch am Wochenende an alle Lehrenden – auch die Externen – herankommen. Da wurde unter dem Titel „Online Schnelleinstieg Lehre“ eine Landingpage erstellt, auf der alle Informationen gesammelt wurden. Hier gab es eine Mischung aus asynchronem Content – „How-to“-Videos, Checklisten – und synchronen Maßnahmen, also Live-Schulungsterminen im virtuellen Raum. Auch hier musste einiges organsiert werden. Alle Schulungen wurden aufgezeichnet und dann wieder als asynchroner Content auf die Webseite gestellt.
Mir war besonders wichtig, dass wir schnell und passgenau alle Lehrenden der FHM auf diese neue Situation vorbereiten. Wir als Hochschule und im Besonderen die FHM Online- University beschäftigen uns ja sehr umfassend und schon seit vielen Jahren mit dem Thema Onlinelehre, mit entsprechenden didaktischen Maßnahmen und der Technik, die dahintersteht. Es gibt aber auch Kollegen, die neu in dem Geschäft sind – die brauchten nun eine Vermittlung der Grundlagen. Als erstes eine schnelle Technik-Einweisung und dann hilfreiche Tipps, wie sie die Lehre methodisch und didaktisch umsetzen können. Wichtig war, klarzumachen: Das Geschäft bleibt das Gleiche, wir wechseln nur den Raum, in dem es stattfindet. Auch in der Onlinelehre ist Interaktion wichtig. Auch hier kommt es darauf an, die Studierenden mit einzubeziehen. Das ist gar nicht so weit entfernt von den didaktischen Grundlagen der Präsenzlehre. Man muss nur wissen, wie man es umsetzt. Und das war meine Rolle: Mit vielen engagierten Kolleginnen und Kollegen dafür zu sorgen, dass das Know- How vermittelt wird und so allen Akteuren die Sicherheit zu geben, sich der neuen Situation zu stellen.
Insgesamt ist das Thema Onlinelehre für uns nicht neu, sonst hätten wir das nicht so schnell geschafft. Das ist wie im Sport – nur, wenn man vorbereitet ist, kann man so einen schnellen Sprint hinlegen, wie wir das mit der Umstellung über das Wochenende getan haben. Seit 15 Jahren hat die FHM Erfahrung in der Onlinelehre, seit drei Jahren gibt es die FHM Online-University und heutzutage sind fast ein Drittel der Studierenden im Fernstudium eingeschrieben. Wir bieten schon seit fast zehn Jahren regelmäßige Schulungen für unsere Dozenten im Fernstudium an und zertifizieren sie auch im eigenen Haus über das Hochschuldidaktische Zentrum (HDZ) mit unserem Programm „Dozent 4.0“. Diese Schulungen sind zwar sehr viel umfangreicher als das, was wir hier gemacht haben – es hat uns aber in dieser Situation geholfen, sehr schnell die passgenaue Unterstützung aller Kollegen zu liefern, die niemanden überfrachtet, sondern alle in der neuen Situation handlungsfähig macht.
Einerseits ging es natürlich um Technikfragen. Andererseits ging es auch viel um Methodik und Didaktik – was kann ich tun, um die Lehre auch im virtuellen Raum spannend zu gestalten? Wer gute Onlinelehre macht, der achtet darauf, dass er eben nicht acht Stunden am Tag einen Monolog hält und seine Inhalte herunterbetet. Auch hier kann man den Tag genauso gestalten, wie in der Präsenzlehre – man kann auch in Kleingruppen Themen erarbeiten, die Ergebnisse präsentieren lassen oder Diskussionen umsetzen.
Vorbereitung ist das Allerwichtigste. Man sollte sich vorher überlegen: Was sind die Inhalte, die ich vermitteln will? Mit welcher Sozialform und mit welcher Methode kann ich sie am besten vermitteln? Habe ich die Technik im Griff? Es geht schon damit los, dass man etwas eher im virtuellen Raum ist und sich mit allem vertraut gemacht hat. Der Pädagoge Hilbert Meyer nennt diesen Vorgang „Vorbereitete Umgebung“ als ein Qualitätsmerkmal guten Unterrichts. Das gilt auch in Präsenzzeiten – aber online im neuen Setting noch viel mehr. Bei der der schnellen, umfassenden Umstellung an der FHM war es im März aber auch besonders wichtig, die Studierenden mitzunehmen und sie ebenfalls an die neue Situation heranzuführen. Sie auch erst einmal im virtuellen Raum ankommen zu lassen, ihnen zu erklären, was man vorhat und wie das funktioniert, sie ausprobieren zu lassen. Das hat super funktioniert, und die Studierenden haben das sehr gut angenommen und schnell verinnerlicht.
Neben der Vorbereitung ist für mich der zweite Tipp das Aktivieren der Studierendengruppe. Das ist online noch wichtiger als im Präsenzunterricht, um das Aktivitätslevel der Gruppe einzuschätzen. Die Studierenden sollten methodisch und regelmäßig mit einbezogen werden und auch etwas zum Unterricht beitragen. Der dritte Tipp geht noch einen Schritt weiter: Da geht es um das Kollaborieren, also die Studierenden an der Entstehung des Unterrichts zu beteiligen. Zum Beispiel eine Stunde Zeit zu geben, um zu den erarbeiteten Inhalten einen Podcast zu erstellen und diesen dann der Gruppe vorzustellen. Es erhöht den Lerneffekt nachweislich enorm, wenn man selbst
etwas erarbeitet und aktiv beigetragen hat. Darüber hinaus gibt es viele weitere Tipps – wir haben in der FHM Online-University eine ganze Checkliste wissenschaftlich entwickelt, an der man sich orientieren kann. Das gab es so vorher noch gar nicht – da haben wir Erkenntnisse für guten Unterricht aus der klassischen Lehrerbildung, aus der Empirik aber auch aus der Didaktik, mit unseren jahrelangen Onlineerfahrungen verbunden und geschaut, wie man sie ins Digitale übertragen kann. Flankiert dazu haben wir bundesweit Lehrende, die schon Online-Erfahrungen haben, befragt, was für sie die Hauptfaktoren guter Onlinelehre sind. Das haben wir zusammengemischt und daraus unsere Checkliste und unser Zertifizierungsmodell erstellt. Auch unsere Schulungen resultieren aus diesen Erfahrungen.
Die FHM ist im Bereich Forschung und Entwicklung Experte für den digitalen Bildungsbereich. Wir betreiben in unseren Projekten Forschung für Bundes- und Landesministerien, entwickeln Tools oder auch Schulungen für Lehrerinnen und Lehrer. Das nutzen wir natürlich auch für unsere eigene Lehre und die FHM Online-University. Wir entwickeln uns kontinuierlich weiter und bauen auch das Lehrangebot dementsprechend aus. Onlinelehre hat an der FHM immer eine große Rolle gespielt und wird auch zukünftig im Fokus bleiben. Ob als Flankierung der Präsenzlehre oder als Format Fernstudium. Der Trend auf der ganzen Welt geht in Richtung digitaler, flexibler Bildungsangebote und wird sowohl technisch als auch didaktisch immer weiter ausgebaut. Die neueste Angebotsform ist das sogenannte „Pick & Study“, wo einzelne Module aus dem FHM Lehrangebot online absolviert werden können. Wir nehmen den Schwung der vergangenen Monate mit und setzen zukünftig noch stärker auf das Thema digitale Bildung.
Die FHM im Bereich Wirtschaft & Verwaltung – das war das Jahr 2019/2020
Durch die Corona-Pandemie hielt das Jahr 2020 für das Prorektorat Wirtschaft und Verwaltung eine Vielzahl von Herausforderungen bereit. Eigentlich war das Jahr schon so gut wie durchgeplant, die Ziele waren fixiert, und letztlich musste es nur noch losgehen. Doch dann kam alles anders… Wir haben diese Phase bis hierher jedoch wirklich gut gemeistert. Es ist festzuhalten, dass die FHM als Hochschule ihre inzwischen zwanzig Jahre anhaltende Positiventwicklung fortsetzen konnte und weiterhin auf wirtschaftlich soliden Füßen steht. Als private, staatlich anerkannte und gemeinnützige Hochschule finanziert sich die FHM ohne staatliche Zuschüsse, sondern rein aus Studiengebühren und aus Forschungs- sowie Beratungsprojekten. Wir sind froh und dankbar, dass wir auch in diesem besonderen Jahr dank der guten Arbeit der Fachbereiche und der passgenauen Studiengänge auf positive Bewerberzahlen blicken und den eingeschlagenen Weg fortsetzen können.
Die FHM ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen und hat ihr Profil geschärft. Das zeigt sich nicht zuletzt auch an unseren Standorten: So konnten wir in Frechen in diesem Jahr trotz der erschwerten Situation unseren neuen, bestens ausgestatteten Campus beziehen. Von Frechen aus wird die FHM nun ihr bestehendes Netzwerk an Partnern, das bereits am vorherigen Standort Pulheim im Fokus stand, weiter gezielt ausbauen. Besonders im Blick haben wir dabei den internationalen Bereich. Für das kommende Jahr steht auch bei der FHM Bamberg ein Umzug bevor – auch hier wird sich die FHM vergrößern und zieht dafür in ein komplett neues, modernes Gebäude. Die Räumlichkeiten sind genau auf unser Programm vor Ort zugeschnitten und außerdem zentral und innenstadtnah gelegen.
Insgesamt ist die FHM in allen Bereichen breit und solide aufgestellt. Und natürlich wollen wir unseren Erfolgskurs auch in den nun folgenden Monaten weiter fortsetzen. Uns ist es trotz der unerwarteten Entwicklung im Jahresverlauf gelungen, einen Großteil der zu Jahresbeginn entwickelten Ideen für den Studienbetrieb zu initiieren und teilweise bereits vollständig umzusetzen. Die Digitalisierung von Prozessen war dabei eines der zentralen Themen. Nachdem beispielsweise im vergangenen Jahr der Bewerbungsprozess an der FHM über die Homepage deutlich vereinfacht wurde, konnten wir in diesem Jahr als eine Konsequenz hieraus den gesamten Studienbetrieb auf die digitale Studienakte umstellen und damit die Effizienz der Verwaltungsaufgaben deutlich steigern. Im Dozentenmanagement sind wir auf dem besten Wege zu einer datenbankbasierten Lösung für die Vorlesungsplanung, und auch das Prüfungsamt eruiert weitere Möglichkeiten zur Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen über das TraiNex. Ich bin mir sicher, dass die sich hieraus ergebenden Veränderungen bereits im kommenden Jahr im Studienbetrieb deutlich sichtbar und spürbar werden.
Alles in allem haben die vergangenen Monate dazu geführt, dass sich die FHM an vielen Stellen verändert hat. Sie ist nun besser denn je auf die kommende Zeit vorbereitet, von der wir alle noch nicht wissen, was genau sie bringen wird. Aus diesem Grund bleiben wir weiterhin veränderungsbereit, denken innovativ und vorwärtsgewandt und werden auch künftig für unsere Studierenden sowie alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Umfeld sicherstellen, das ein optimales Lernen, Lehren und Arbeiten ermöglicht.
(Der Text erschien im Oktober 2020 im Hochschulmagazin FHM CAMPUS.REPORT)
Die Corona-Pandemie hat uns alle – die Studierenden, die Professoren/-innen, die Hochschulleitung, die Verwaltung der FHM – vor neue Herausforderungen gestellt. Diese gemeinsam zu meistern, war und ist eine der wichtigen Aufgaben. Hier zeigt sich im Besonderen: Die FHM bietet für jede Lebenssituation passende akademische Angebote und hat das Wohl der Studierenden stets im Blick. Die ganzheitliche Entwicklung der Persönlichkeit ist für uns der Schlüssel zum beruflichen und persönlichen Erfolg.
Wir entwickeln unser Studienangebot in enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, um einen hohen Anwendungsbezug zu ermöglichen – das ist besonders in der aktuellen Corona-Situation wichtig. Digitalisierung, VR/AR-Lösungen und Nachhaltigkeit sind Zukunftsthemen in den Unternehmen, die in der Corona-Zeit noch einmal besondere Aufmerksamkeit erfahren.
Gerade jetzt ist die Zeit, um als Studierende/-r die Weichen für die Zukunft zu stellen. Wir sind dabei an Ihrer Seite. Durch unsere langjährige Erfahrung, die enge Verbindung mit der Wirtschaft – besonders im Mittelstand – unsere umfassenden Projekte im Bereich Forschung & Entwicklung und unser Engagement im internationalen Bereich kennen wir die Zukunftsthemen und wissen, was nun von Bedeutung ist, um auch zukünftig auf dem Arbeitsmarkt zu bestehen.
Uns war immer wichtig, die passenden Studienmodelle für die Bedarfe in der Gesellschaft zu entwickeln. Neben den Vollzeitprogrammen bietet die FHM auch berufsbegleitende Studiengänge und duale Abschlüsse an, es gibt das besonders flexible, digitale Fernstudium, und im sogenannten Top-Up-Modell kann durch die umfassende Anrechnung von Vorleistungen aus der Berufsausbildung die Studienzeit verkürzt werden.
Alle Studiengänge haben eins gemeinsam: den hohen Praxisbezug! Denn wir möchten, dass unsere Absolventen als top-ausgebildete Fach- und Führungskräfte direkt in den Job einsteigen. Ihnen werden fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden vermittelt, die Sie befähigen, herausragende Aufgaben in der Wirtschaft und Gesellschaft wahrzunehmen. Hier sprechen die Zahlen für sich: Rund 98 Prozent unserer Absolventen/-innen sind bereits einen Monat nach ihrem Abschluss im Job oder einem weiteren Studium. Der überwiegende Anteil ist in mittelständischen Unternehmen tätig.
Die wichtigsten Werte in der FHM sind: Zuverlässigkeit, Innovation und eine hohe Qualität in Studium und Lehre, aber auch Flexibilität und Wandlungsfähigkeit. Das stellen wir in der aktuellen Situation unter Beweis.
(Der Text erschien im Oktober 2020 im Hochschulmagazin FHM CAMPUS.REPORT)
Forschung & Entwicklung: Digitalisierungsprojekte aktueller denn je
Die Corona-Pandemie verändert im Jahr 2020 unsere Prioritäten und Perspektiven. Auch für die Forschung & Entwicklung hält die aktuelle Zeit ihre eigenen Herausforderungen bereit. Nicht nur die internationalen Forschungskollaborationen, auch die nationale und sogar regionale Zusammenarbeit liegt momentan fast vollständig im virtuellen Raum. Themenprioritäten verschieben oder verstärken sich. Eines ist aber unbestritten: Mit ihren mittelstandsbezogenen Themensetzungen trifft die FHM die Anforderungen der Zeit und die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der FHM finden Antworten auf einige drängende aktuelle Fragen.
Der Forschungsschwerpunkt Digitalisierung ist schon lange ein Gebiet, dem sich die FHM verschrieben hat. Gerade für mittelständische Unternehmen ist das Thema in diesen Zeiten von besonderer Bedeutung – die Digitalisierung als Dauerherausforderung für die mittelständische Wirtschaft adressiert die FHM beispielsweise durch die erneute Auflage des Digitalisierungsindex NRW, dessen Ergebnisse wir Ihnen unter anderem auf den nächsten Seiten vorstellen möchten. Besonders eindrucksvoll sind auch die zahlreichen Forschungs- und Entwicklungsprojekte der FHM, die sich mit dem Einsatz moderner Digitaltechnologien in Studium und Lehre befassen und auch für unsere Studierenden unmittelbaren Anwendungsnutzen stiften – mehr dazu finden Sie auf der rechten Seite.
Gleich in drei Strategischen Partnerschaften, die im Rahmen der Erasmus+-Leitaktion 2 von der Europäischen Union gefördert werden, entwickelt die FHM gemeinsam mit ihren europäischen Partnern Lösungen zur Qualitätsverbesserung der Onlinelehre, zum Einsatz von Virtual Reality-Technologien sowie zur Realisierung virtueller Studierendenmobilität. Abgerundet wird das Entwicklungsprogramm durch Arbeiten zu rechtssicheren Online-Klausuren sowie durch ein BMBF-gefördertes Vorhaben zur Entwicklung und Erprobung eines internetbasierten E-Portfolios zur beruflichen Orientierung.
Das alles sind Forschungsthemen, von denen FHM-Studierende wieder auch unmittelbar in ihrem Studium profitieren. Forschung und Lehre aus einer Hand!
(Der Text erschien im Oktober 2020 im Hochschulmagazin FHM CAMPUS.REPORT)
Die FHM: auch International ein starker Partner
Im Bereich Internationales ist die FHM in zahlreichen Ländern der Welt aktiv. Im Ausland gelten wir als starker Partner, als die Hochschule, welche die Fach- und Führungskräfte für die deutschen „Hidden Champions“ ausbildet. Das ist ein stimmiger Auftritt, seit Jahren, und er setzt die gelungene Arbeit in unseren Bachelor-, Master- und Doktorats- Studiengängen voraus. Gleiches kann man für den internationalen Forschungsbereich berichten, der sich durch eine erstaunliche Vielzahl exzellenter Forschungsprojekte mittlerweile selbst empfiehlt. Die FHM ist hier ein verlässlicher, internationaler Netzwerkpartner mit Forschungsressourcen, die im Gegensatz zu vielen anderen Hochschulen und Universitäten auf den Bereich der Mittelstandsthemen spezialisiert sind. Nicht zuletzt haben die internationalen Studien- und Forschungsprogramme der FHM einen nachhaltigen Charakter, werden ausdifferenziert und mit relevanten Innovationsthemen internationaler Mittelstandswirtschaften kombiniert. Das gibt dem internationalen Bereich an der FHM Modernität und eine gemeinsame Performance, die sich aus den je eigenen Ressourcen der wissenschaftlichen Bereiche Forschung & Lehre, der FHM Online-University und wissenschaftlichen Weiterbildung sowie der internationalen Netzwerkarbeit wechselseitig ausbildet.
Die Corona-Krise als Globalisierungsbremse wird an deutschen Hochschulen und Universitäten, aber auch international intensiv erlebt. Wie geht es nun weiter? Werden internationale Studierende in den Programmen der FHM eingeschrieben sein, bringen neue internationale Forschungsprojekte der EACEA weiterhin Vielfalt und Kontinuität? Stehen wir vor einem radikalen Neuanfang, dessen Chancen und Risiken wir erst noch verstehen müssen? Oder werden die internationalen Netzwerke der FHM vielleicht sogar gestärkt aus den Folgen der Corona-Pandemie erwachsen? Für den internationalen Bereich stellen sich all diese Fragen noch viel drängender, da räumliche und zeitliche Entwicklungsbedingungen anders kalkuliert werden müssen und transkulturelle Reform-argumente auch für den Hochschulbereich auf den Prüfstand kommen. Das Prorektorat Internationales stellt sich diesen Fragen aktiv und steht dabei in enger Kooperation mit den anderen wissenschaftlichen Geschäftsbereichen. Denn die Sache ist eigentlich klar: Die FHM ist mit der Umstellung auf Onlinelehre sehr gut durch den Lockdown im Jahr 2020 gekommen – das spricht für sich und wird sicherlich auch von unseren internationalen Partnern wahrgenommen.
(Der Text erschien im Oktober 2020 im Hochschulmagazin FHM CAMPUS.REPORT)
Spannende Zeiten: Nicht nur organisatorisch, auch inhaltlich hat uns die Corona-Pandemie an der FHM beschäftigt. An allen Standorten, in allen Fachbereichen und in zahlreichen Forschungsfeldern haben die Professoren/-innen und Hochschullehrer/-innen der FHM das Thema wissenschaftlich aufgegriffen.
Unser soziales Gehirn braucht ein Gegenüber:
die Schwierigkeit des „Social Distancing“ aus Sicht der Psychologie und Hirnforschung
Wenn man es einmal technisch ausdrücken möchte, sind wir Menschen sozusagen für den sozialen Umgang mit anderen „verdrahtet“. Unser Gehirn ist ein soziales Gehirn, das uns ein Leben in großen und komplexen sozialen Netzwerken ermöglicht. Wir pflegen mit verschiedenen Menschen ganz unterschiedlich intensive Beziehungen, und gehen mit unserem Lebenspartner z.B. anders um als mit unseren Eltern, Kindern, oder mit der Postbotin.
Die Hirnforschung aus über 20 Jahren zeigt, dass wir über verschiedene Systeme aus Hirnregionen verfügen, die auf die Deutung sozialer Signale eingerichtet sind, die andere Menschen aussenden: Verhalten, Mimik, Gestik, Tonfall u.s.w. Mithilfe unseres sog. Spiegelneuron-System etwa können wir vermutlich erste, schnelle Einschätzungen der Absichten anderer anhand ihrer Bewegungen machen. Das sog. Mentalisierungs-Netzwerk dagegen hilft uns, uns in andere hineinzuversetzen und zu verstehen, warum sie sich so verhalten wie sie es gerade tun.
Halten wir uns nun an die in der Corona-Krise gebotenen Regeln und distanzieren uns räumlich von einem Großteil unserer Mitmenschen, schneiden wir uns damit zeitweise von vielen sozialen Informationen ab, aus denen wir wichtige Schlüsse darüber ziehen können, wie andere um uns herum die aktuelle Situation beurteilen und sich gerade fühlen. Das wiederum hilft uns selbst, unsere eigene Lage einzuschätzen. In potenziell bedrohlichen Situationen haben wir demnach das Bedürfnis nach sozialer Nähe, insbesondere zu Freunden und Verwandten. Soziale Distanz widerspricht diesem Bedürfnis und erhöht in uns das sowieso vorhandene Gefühl der Unsicherheit.
Der beste Kompromiss kann es in dieser Situation sein, seine sozialen Kontakte so gut es geht über die Distanz zu pflegen. Besonders wer alleine lebt, sollte also die verbleibenden Möglichkeiten nutzen, sein soziales Gehirn mit Informationen zu füttern und sich, gerne häufiger als sonst, mit Familie und Freunden zum Videochat oder einfach zum Telefonieren verabreden. Selbst ein Schwätzchen mit dem Nachbarn über den Gartenzaun hinweg kann gut tun. Auch berufliche Kontakte sind nicht zu vernachlässigen. An der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) unterrichten wir unsere Studierenden zurzeit online im virtuellen Klassenzimmer weiter und halten täglich kurze Videokonferenzen unter den Kollegen ab. Ein weiterer positiver Effekt hiervon ist, dass es den Studierenden und uns Dozenten unsere gewohnte Tagesstruktur erhält, also ein Stück Normalität und Sicherheit in dieser außergewöhnlichen, unsicheren Zeit.
Corona zeigt Chancen digitaler Zusammenarbeit und ermöglicht Erfahrungen mit der Arbeitswelt 4.0
Seit Jahren wird deutlich, dass viele Unternehmen in Punkto flexibler Arbeit und Digitalisierung der Zusammenarbeit hinterherhinken. In Zeiten von Corona wird dies umso deutlicher. Arbeitswelt 4.0 beinhaltet vernetztes, digitales und flexibles Arbeiten. Wer jetzt kein Homeoffice anbieten kann und in der Lage ist, virtuell zu kommunizieren oder Dienstleistungen zum Teil auch digital anzubieten, ist klar im Nachteil und erfährt Einkommensverluste.
Seit Jahren wird deutlich, dass viele Unternehmen in Punkto flexibler Arbeit und Digitalisierung der Zusammenarbeit hinterherhinken. In Zeiten von Corona wird dies umso deutlicher. Arbeitswelt 4.0 beinhaltet vernetztes, digitales und flexibles Arbeiten. Wer jetzt kein Homeoffice anbieten kann und in der Lage ist, virtuell zu kommunizieren oder Dienstleistungen zum Teil auch digital anzubieten, ist klar im Nachteil und erfährt Einkommensverluste.
Es gewinnen die Unternehmen, die auch in Corona-Zeiten digitale Helpdesks anbieten können, Schulungen oder Beratungen virtualisieren können, Zusammenarbeit von Mitarbeitern oder auch Entwicklungen von Produkten digital über Plattformen bewältigen können, Online-Shops haben oder virtuell mit Kunden kollaborieren können und die ihre klassischen Büroordner bereits durch gute digitale Dokumentenmanagementsysteme ersetzt haben. Selbstverständlich lässt sich (noch nicht) jede Tätigkeit virtualisieren oder durch digitale Technologie unterstützen, aber in vielen Bereichen zeigen sich deutliche Potenziale und auch Chancen der virtuellen Zusammenarbeit.
Das Misstrauen gegenüber dieser Form der Zusammenarbeit ist jedoch immer noch groß. Unternehmern und Führungskräften fehlen vielfach Erfahrungswerte. Die Folge davon ist, dass, wie immer bei Unsicherheit, das Bedürfnis nach möglichst noch mehr Kontrolle besteht. Im Rahmen der Arbeitswelt 4.0 steht jedoch ein Begriff im Vordergrund: Vertrauen!
Corona ist gerade jetzt auch eine Chance für Unternehmen digitale Arbeitswelten auszuprobieren. Durch diese schwierige Situation der Pandemie entsteht weltweit ein wunderbarer Übungs- und Experimentierraum für vernetzes, digitales Arbeiten. Nie zuvor gab es so viel Raum und Akzeptanz dafür, zu testen, welche Meetings gut oder sogar besser virtuell funktionieren und welche besser in Präsenz stattfinden sollten, wie oft eine Anwesenheit im Büro sinnvoll ist und wer gut im Homeoffice arbeitet und welcher Typ Mitarbeiter lieber im Büro sein würde. Niemals zuvor konnten Mitarbeiter in einer solch steilen Lernkurve ihre digitalen Kompetenzen durch erfahrungsbasiertes Learning by Doing erweitern. Niemals zuvor wurde deutlich, welch hohen Einsparpotenziale ggf. durch weniger benötigten Büroraum, geringere Reisekosten, usw. entstehen können. Und zu keinem anderen Zeitpunkt gab es die Möglichkeit, zu prüfen, ob wirklich generalistische Aussagen zur erhöhten Gefahr von Mehrarbeit in Homeoffices oder der Gefahr der Selbstausbeutung getroffen werden können, oder ob dies nicht zum großen Teil von der vorherrschenden Kultur in den einzelnen Unternehmen abhängt – unabhängig vom Arbeitsort.
Unternehmen tun sich nach wie vor schwer, Präsenzkulturen aufzugeben. Wie auch der Mensch verschiedene evolutionäre Stufen durchläuft, durchlaufen auch Unternehmen verschiedene Stufen der Entwicklung. Dies bedingt auf jeder Stufe eine Veränderung bestehender Verhaltensmuster, insbesondere bei Führungskräften. Derzeit stehen wir vor einer besonderen Herausforderung: Wir müssen um flexibel, schnell und innovativ auf unvorhergesehene Situation reagieren zu können, starre Hierarchien auflösen und Menschen mit unterschiedlichen Kompetenzen zusammenbringen, um Probleme zu lösen, die bisher noch nicht bekannt waren und wozu keine Lösungen existieren. All dies in hoher Geschwindigkeit, ohne lange Entscheidungswege. Mit bisherigen Führungskulturen und reinen klassischen hierarchischen Organisationen entsteht hier eine klare Grenze. Nein, wir müssen nicht alles agil machen und wir müssen auch nicht alle klassischen Organisationen auflösen, aber gerade die Situation jetzt zeigt uns: Wir brauchen beides! Effiziente klassische Strukturen und agile und innovative Strukturen gleichzeitig und in Ergänzung zueinander wie auch zur gegenseitigen Befruchtung. Dies gelingt jedoch nur durch ein Umdenken vor allem bei Führungskräften. Arbeitswelt 4.0 gelingt nicht durch den Einsatz von Technologie. Arbeitswelt 4.0 gelingt durch den Einsatz von Technologie plus einer veränderten Organisations- und Führungskultur. Wir brauchen nicht nur das „Machen“ in Form von agilen Arbeitsweisen, virtuellen Systemen, Tools und Methoden, wir brauchen ein entsprechendes Denken oder ein Mindset bei Entscheidern.
Viele Unternehmen sind bis heute noch so genannte „Experten-Organisationen“ oder „Achiever-Organisationen“. Experten führen immer noch nach dem Top-Down-Prinzip und auf Basis ihrer fachlichen Kompetenz. Die Organisation ist demnach hierarchisch aufgebaut, entschieden wird von „Oben“ nach „Unten“, wobei Führungskräfte in den oberen Hierarchiestufen sich auf ihr Erfahrungswissen verlassen und annehmen, sie könnten mit diesem Wissen alle Herausforderungen in der Zukunft meistern. „Expert“-Führungskräfte gehen hier von einer planbaren Zukunft aus.
Die VUCA-Welt, die gerade durch Corona noch verschärft wird, zeigt aber, die Zukunft ist ungewiss, unplanbar und wir müssen schnell auf aktuelle Herausforderungen reagieren. Erfahrungswissen der Vergangenheit ist kein Garant mehr dafür, dass es geeignet ist, neuartige Probleme zu lösen. Dafür brauchen wir Flexibilität und vielfach interdisziplinäres Denken.
Viele Unternehmen haben bereits aufgrund der zunehmenden Globalisierung erkannt, dass Expertenwissen für die Führung nicht mehr reicht. Sie setzen auf das Führen von möglichst motivierenden Zielen. „Achiever-Führungskräfte“ setzen Ziele, lassen Mitarbeiter aber selbstständig arbeiten und haben den Kunden im Blick. Wenn es Probleme gibt, schreiten sie jedoch ein und übernehmen notfalls das Ruder. Auch diese Führungskräfte gehen davon aus, dass sie die Welt immer noch einschätzen können und dass strategische, langfristige Planungen noch funktional sind. Wir sehen jedoch gerade: Ein kleiner Virus kann sämtliche strategische Planungen obsolet machen.
Hoch entwickelte Organisationen haben mittlerweile verstanden, dass die Entwicklungen in der Welt und auf den Märkten uneindeutig sind und gleichzeitig Veränderungen mit hoher Geschwindigkeit stattfinden. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Aktivitäten untereinander vernetzt sind. Planungen können damit nur für überschaubare Abschnitte vorgenommen werden und ggf. schnell wieder komplett verändert werden. Diese Organisationen haben „Catalyst“-Führungskräfte. Diese nutzen die Fähigkeiten und das Wissen ihrer Mitarbeiter, um schnell zu neuen Lösungen zu kommen. Sie lassen diejenigen entscheiden, die sich am besten mit einem Problem auseinandergesetzt haben und lassen ihnen große Freiheiten. Führungsskräfte übernehmen hier koordinative und motivierende Aufgaben. „Catalyst sind Enabler“. Sie machen Mitarbeiter stark und stellen ihr Ego in den Hintergrund. Sie sind erfolgreich, weil sie andere erfolgreich machen. Transparenz wird dabei durch die konsequente Dokumentation von Arbeitsschritten in verschiedenen Systemen hergestellt.
Diese Art von Flexibilität, die ein schnelles und angepasstes Reagieren auf unvorhersehbare Entwicklungen wie Corona ermöglicht, wird derzeit zum Erfolgskonzept. Unternehmen, die bereits gelernt haben, Mitarbeitern zu vertrauen, Ihnen Freiraum für Kreativität und Lösungsfindung zu geben, Teams interdisziplinär aufzustellen und gleichzeitig virtuell vernetzt zur arbeiten, haben derzeit einen klaren Vorteil.
Und bei denen, die jetzt gerade anfangen, wird vielerorts deutlich: Die Mitarbeiter arbeiten ja doch und das auch im Homeoffice. Manchmal sogar effektiver als je zuvor. Und wenn dann mal Systeme abstürzen, befinden sich bestenfalls alle Informationen in der Cloud.
Kostenlose Online-Sprechstunde für Lehrkräfte: »Hilfe! - Ich bin plötzlich Online-Lehrender«
Auch Sie standen plötzlich vor der Herausforderung, Ihre Schulklassen im virtuellen Klassenzimmer zu unterrichten? Um dieses Wissen auch mit Lehrer/-innen oder Dozent/-innen im Bildungssektor zu teilen, fanden im März 2020 regelmäßige Online-Sprechstunden statt. Diskutiert wurden alle Fragestellungen rund um Technik, Methodik und Didaktik zum Gelingen von Online-Lehrveranstaltungen. Das Angebot war offen und kostenfrei.
Zeitwende – Wie im Kleinen Großes sichtbar wird
Noch ist unklar, wie wir eines Tages auf die Pandemie zurückblicken werden. Wahrscheinlich werden wir sie als eine Zäsur in Erinnerung behalten: Verändert hat sich unser Verhalten und die Welt um uns herum. Im Kleinen bewältigen wir die geforderten Paradoxien einigermaßen: Wir achten auf uns selbst, um die Gemeinschaft zu schützen. Wir halten Abstand, weil wir uns nah sein wollen. Wir berühren einander nicht, weil wir solidarisch sind. Grenzen verschwimmen und werden neu gezogen werden: zwischen Arbeit und Alltag, Privatsphäre und Öffentlichkeit, zwischen Körper und Medien.
Das Informationsbedürfnis ist groß, alle Nutzerzahlen steigen, dennoch geraten Medien in eine Krise, weil die Finanzierung durch Werbung nicht mehr funktioniert. Online-Seminare dagegen laufen erstaunlich gut. Wer im Studieren vor allem Stoffvermittlung sieht, wird kaum etwas vermissen. Wer dagegen geistigen Streit, Debatten, Leidenschaft, den Blick in die Augen des Anderen für elementar hält, spürt, was fehlt. Im Kleinen wird Großes sichtbar. Corona bedingt nicht nur Verschiebungen in unserem sozialen und virtuellen Miteinander, die Pandemie ist vor allem das erste globale Phänomen, das auch als solches gleichzeitig rund um den Globus wahrgenommen wird. Es stößt auf Institutionen, die darauf nicht vorbereitet sind. Weder die UNO, noch die Weltgesundheitsorganisation (WHO), noch die Europäische Union (EU) spielen eine führende Rolle bei der Entwicklung politischer Antworten. Entscheidend ist und bleibt der moderne Nationalstaat. Hier sind wir Zeugen einer Zeitenwende. Bisher zeigten alle Krisen der jüngeren Geschichte die besondere Stärke der USA. Aus dem Zweiten Weltkrieg gingen sie als Supermacht hervor. Selbst die Finanzkrise bewirkte einen nochmaligen Schub für die HighTec-Giganten, allesamt Resultate des US-amerikanischen Erfindergeistes. Rund um den Globus sorgte diese Stärke für Bewunderung oder Hass. Jetzt gibt es erstmals Mitleid. Denn in kaum einem anderen Land war die Sterblichkeitsrate bei COVID-19 so hoch wie in den USA. Die Zeitenwende hat ein konkretes Datum: „Alles Gute an unsere Freunde in Amerika“, schrieb Jack Ma, der Chef des chinesischen HighTec-Riesen Alibaba in seinem ersten Twitter-Eintrag überhaupt am 16. März dieses Jahres, als er das erste chinesische Flugzeug, beladen mit Schutzanzügen und Testkits für die USA, auf dem Flughafen Shanghai verabschiedete. China hilft Amerika. So macht ein Virus, organisch, aber doch kein Lebewesen, ein zehntausendstel so groß wie ein Salzkorn, eine große weltpolitische Verschiebung sichtbar: Zur Neige geht das amerikanische Jahrhundert.
Erfahrungsbericht: So lief die Umstellung auf Onlinelehre an der FHM
An der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) bieten wir einige Studieninhalte bereits seit dem Jahr 2005 in der Onlinelehre an und können dementsprechend auf 15 Jahre Erfahrung zurückgreifen. Ich bin seit dem Jahr 2002 Professor an der FHM und habe den Prozess der Einführung von E-Learning mit synchronen Plattformen von Anfang an miterlebt und mitgestaltet. Im Laufe der Jahre wurde der Einsatz immer umfangreicher und ist heute Teil aller berufsbegleitenden Studiengänge der FHM. Natürlich findet auch das Fernstudium und die Online- University in der Onlinelehre statt.
Alle ziehen an einem Strang
Wir alle wurden von den Ereignissen und der Corona-Krise überrascht, aber dank unserer Erfahrung im Bereich Onlinelehre hat die Umstellung wunderbar funktioniert. Die FHM hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich bei den virtuellen Räumen nachgelegt, um den Bedarf zu decken, aber zu Beginn der Umstellung der Lehre auf 100% Online durch die Corona Pandemie in der letzten Woche wurde der Online- Bereich nochmal um 50 zusätzliche virtuelle Räume auf jetzt 200 virtuelle Räume aufgestockt, in denen jetzt parallel die Vorlesungen laufen. Und es läuft tatsächlich alles relativ reibungslos! Meine Erfahrung ist, dass die Studierenden toll mitziehen und hochmotiviert sind und sehr präsent von zuhause aus dabei sind. Auch die Dozenten und die Lehrenden sind hochmotiviert. Wir bieten über das hochschuldidaktische Zentrum der FHM regelmäßig Schulungen zur Onlinelehre für die Lehrenden an und haben das in den vergangenen Wochen aufgrund der Situation noch intensiviert. Ich habe mehrere Dozenteneinführungen durchgeführt, die von den Kollegen wirklich sehr gut angenommen wurden. Die Bereitschaft und das Interesse waren unglaublich groß.
Große Präsenzdisziplin der Studierenden
Onlinelehre ist wie gesagt im Bereich des Teilzeitstudiums und im Fernstudium sowie in der Online- University der FHM seit Jahren eingeführt und alltägliche Praxis. Für Teilzeitstudierende in diesen Bereichen, die ja auch noch in Vollzeit berufstätig sind, ist es besonders wichtig, dass die Veranstaltungen verlässlich angeboten werden, da diese Studierende immer eine sehr enge Zeittaktung haben. In dieser Woche unterrichte ich zum Beispiel eine Studiengruppe aus dem Bereich Wirtschaftsingenieurwesen. Wir alle sind jetzt täglich gemeinsam in der Onlinelehre. Bereits jetzt lässt sich sagen: Die Motivation der Studenten ist sehr gut und die Online-Veranstaltungen sind sehr lebendige und produktive Veranstaltungen. Diese Online-Veranstaltungen zeichnen sich durch alle didaktischen Methoden aus, die wir auch aus der Präsenzlehre kennen wie: Vorträge und intensive Diskussionen, Übungen, Präsentationen durch die Studierenden, Gruppenarbeiten und sie werden zusätzlich noch bereichert durch die Integration einer großen Breite von Online Medien, die ja in dieser Form anders als in der klassischen Präsenzlehre ohne Medienbruch eingebunden werden können.
Moderne technische Hilfsmittel
Bei so vielen Stunden im virtuellen Lernraum am Tag kann man sich vorstellen, dass es besonders wichtig ist, die Onlinelehre praxisnah, lehrreich und abwechslungsreich zu gestalten. Mit unseren technischen Mitteln funktioniert das sehr gut. Wir haben verschiedene Möglichkeiten, zum Beispiel arbeiten wir in Videokonferenzen, wo Lehrende und Lehrende sich hören und sehen können. Wie auch in der Präsenzlehre üblich, kann man im virtuellen Raum zum Beispiel PowerPoint-Präsentationen, und viele Formen von Medien sowie auch Videos hochladen und in den Lehrprozess integrieren. Auch der schnelle Wechsel zu weiteren online verfügbaren Mitteln ist unkompliziert und fließend möglich – zum Beispiel die Einbindung von Online-Ressourcen wie YouTube Videos oder Illustrationen zu bestimmten Themen, zu denen wir ad hoc Visualisierungen aus dem Internet laden. Wir führen auch schnelle Abstimmungen und Umfragen im virtuellen Raum durch, die als didaktisches Mittel in der Lehre eingesetzt werden. Wir können außerdem immer wieder vom Plenum in die Gruppenarbeit wechseln – dafür kann ich den virtuelle Raum in verschiedene Untergruppen aufteilen, in denen die Studierenden dann in Kleingruppen unter sich sind und zum Beispiel 15 Minuten Zeit zur Erarbeitung eines gemeinsamen Ergebnisses bekommen. Ich als Dozent kann zwischen diesen Räumen und den Gruppen wechseln, überall teilnehmen, schauen, ob es Fragen gibt und nach der Phase der Gruppenarbeit diskutieren wir dann die Ergebnisse im Plenum. Diese Formen der Gruppenarbeit geben uns die Möglichkeit, das problemorientierte Lernen als didaktisches Format besonders zielführend einzusetzen.
Beispiel Dokumentenkameras
Ich persönlich arbeite besonders gerne mit Dokumentenkameras – ich habe während der Onlinelehre zwei Kameras in Betrieb, einmal am Laptop, so dass die Studierenden mich sehen können, und einmal eine Dokumentenkamera. Das ist eine Webcam auf einem Stativ, dort sehen die Studierenden was ich schreibe – wie an einer Tafel oder einem Whiteboard in der Präsenzlehre. Den pädagogischen Effekt daran schätze ich sehr. Ich lasse die Studierenden durch die Visualisierung auf Papier teilhaben an der Entstehung eines Gedankens. Das ist besonders wichtig bei mathematischen oder ingenieurwissenschaftlichen Themen. Im übertragenen Sinne hole ich die Studierenden dadurch zu mir an den Schreibtisch, sie schauen mir sozusagen über die Schulter. Die Blätter werden nachher gescannt und über das TraiNex zur Verfügung gestellt, so dass die Studierenden alles zur Klausurvorbereitung schriftlich beisammenhaben.
Ich habe jetzt nach einer Woche intensiver Onlinelehre die Studierenden gefragt, wie Ihnen diese geballte Ladung des online Lernens und Lehrens gefallen hat und sie alle waren von der Art des Unterrichts sehr angetan.
Hohe Intensität
Eine weitere Erfahrung ist noch zu berichten. Onlinelehre ist sehr intensiv. Das gilt sowohl für die Studierenden als auch für die Lehrenden, die ja viele Prozesse gleichzeitig im Blick haben müssen. Sie müssen sich auf Ihre Inhalte konzentrieren, müssen die Meldungen und Interaktionen der Studierenden im Blick haben, müssen die Technik gut beherrschen und oftmals simultan auf vieles gleichzeitig reagieren und nebenbei auch noch den roten Faden nicht verlieren, so dass der Unterricht eine lebendige und lehrreiche Veranstaltung wird. Das kostet viel Kraft und man muss darauf achten, dass ausreichend Pausen eingelegt werden.
Ich erlebe die Intensität der Online-Veranstaltungen auch dadurch, dass wir tatsächlich effektiver den Lehrstoff durcharbeiten.
Anforderungen an Lehrende
Die Anforderungen an die Lehrenden sind in der Tat in der Onlinelehre besonders hoch. Denn auf der einen Seite muss die Technik reibungslos funktionieren. Damit allein ist aber noch nicht viel gewonnen. Als Dozent muss man auch gut vertraut sein mit der Technik und den Studierenden oftmals auch bei technischen Problemen helfen können. Dazu ist es wirklich wichtig, auch mit der Handhabung der Software gut vertraut zu sein, denn man hat in einer Lehrveranstaltung keine Zeit, sich mit technischen Fragen allzu lange herumzuschlagen. Aber auch wenn das gegeben ist, ist noch nicht allzu viel gewonnen. Um eine Online- Veranstaltung lehrreich und unterhaltsam zu gestalten muss man die mediendidaktischen Möglichkeiten, die sich in virtuellen Räumen ergeben, kennen und sie auch gut beherrschen. Man merkt also, dass mit der Onlinelehre ganz neue Anforderungen an das Qualifikationsprofil von Lehrenden gestellt werden. Das ist ein Bildungsprozess, auf dem wir an der FHM, Studierende und Lehrende gemeinsam schon wirklich sehr weit fortgeschritten sind.
Eine kleine psychoanalytische Charakterkunde des Social Distancings
Aus der Psychoanalyse und Tiefenpsychologie wissen wir, dass Menschen auf Herausforderungen, wie aktuell auch dem Social Distancing aufgrund ihrer Persönlichkeit unterschiedlich reagieren.
Am wenigsten von der Krise emotional tangiert scheint dabei die schizoide, d. h. die Nähe vermeidende Persönlichkeit. Da diese von jeher sozial distanziert und kühl Beziehungen unterhält, fühlen sich diese in ihrer Angst vor Nähe durch die Krise bestätigt: Sie brauchen sich für ihren Rückzug nicht mehr schuldig zu fühlen. Jetzt ist es sozial anerkannt, sich sozial zu isolieren.
Während der zwanghafte und hysterisch strukturierte Mensch seine sonst als problematisch erlebten Verhaltensmuster in der Corona-Krise erstmal als normal erlebt (häufiges Händewaschen wird empfohlen, alle um einen herum sind emotionalisiert) leiden andere Persönlichkeiten anders unter der sozialen Isolation.
Der sog. depressiv strukturierte Mensch fürchtet ständig den Liebesverlust und kümmert sich deswegen primär um andere, weswegen er hierfür die ständige Anerkennung des anderen benötigt. Fehlt diese, erlebt er sich als nicht liebenswert. Aktuell beobachten wir, dass ein Teil dieser depressiv strukturierten Menschen in der Corona-Krise besonders unter der sozialen Isolation leidet und ein depressives Erleben fördern kann. Ihnen fehlt die soziale Anerkennung, die sie so dringend bedürfen. Ein anderer Teil gelingt es seinen Altruismus in neue Bahnen zu kanalisieren und wertvolle Hilfsbeiträge für das Gemeinwesen in der Krise zu leisten.
Die emotional-instabile Persönlichkeitsstruktur (Borderline) hat bereits im normalen Leben große Schwierigkeiten Nähe und Distanz entsprechend zu regulieren. Unter dem Druck des Social Distancings kann es - möglicherweise in beengten häuslichen Verhältnissen - zu starken Impulsdurchbrüchen und Gefühlsreaktionen kommen. Auch neigt diese Persönlichkeit zu Spaltungsvorgängen , also zu einem Schwarz-Weiß-Denken, das z.B. dazu neigt zwischen einem „wir“ vs. „ihr“ pauschal zu trennen. Vor diesem Hintergrund kann ein von „oben“ verordneten Social Distancing zusätzlich heftigen Ärger und Wut auf „die da oben“ auslösen und die Akzeptanz des Social Distancings stark gefährden.
Beim narzisstisch strukturieren Menschen sind vielfältige Formen der Bewältigung des Social-Distancings denkbar, wie z.B. der gekränkte Rückzug auf sich selbst, durch übermäßiges digitales Zurschaustellen in Sozialen Netzwerk oder destruktives Entwerten anderer Bevölkerungsgruppen oder Länder.
Die Krise als Chance:
Eine besonders progressive Form mit Social Distancing umzugehen, ist es mit der Realität, die man erstmal nicht verändern kann, aktiv gestalterisch umzugehen.
Kreative Beispiele hierfür sehen wir in diesen Tagen vielfältig: Menschen produzieren von zu Hause kreative Podcasts oder humorvolle Filme zum Thema zu Hause-bleiben oder Homeoffice, digitale Flashmobs werden kollektiv an der offenen Fensterbank veranstaltet und Hochschulen – wie z.B. die FHM- setzen ihren Lehrbetrieb vollständig auf online-Lehre um uvm.
Social Distancing kann letztlich für den Menschen jedweder Persönlichkeit eine Chance bedeuten, sich weiterzuentwickeln: Die Konflikte z. B. mit dem Partner können dann nicht mehr wie sonst durch Entfliehen in auswärtige Arbeit überspielt werden. Die Menschen begegnen einander zu Hause mehr, als früher.
Auf menschlicher Ebene kann also in der Krise und dem Social Distancing für jede Persönlichkeit eine noch unerkannte psychologische Entwicklungsaufgaben und Chance für ein neues Miteinander verborgen sein.
„Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Medien“ – resümierte der Soziologe Niklas Luhmann im Jahr 1995. Dieser Satz ist ein Vierteljahrhundert später in Zeiten der Corona-Krise relevanter denn je. Ein unsichtbares Virus verändert derzeit grundlegend unseren Alltag. Das öffentliche Leben ist ausgesetzt und Menschen auf der ganzen Welt begeben sich in die soziale Isolation. Natürlich sind sie informationshungrig: Wie gefährlich ist das Virus wirklich? Wie wird sich die Krise entwickeln? Und wann können wir zum normalen Leben zurückkehren?
Was wir über Covid-19 wissen – wissen wir aus den Medien. Eine aktuelle Studie der Universität Erfurt zeigt, dass 74 Prozent der Deutschen sich nach eigenen Angaben häufig über den aktuellen Stand der Dinge informieren.
Auf allen Medienkanälen melden sich Experten zu Wort. Virologen, Gesundheitswissenschaftler oder Pandemieforscher legen ihr komplexes Fachgebiet für die breite Bevölkerung mehr oder weniger verständlich dar. Ob die Vermittlung an das Publikum gelingt, untersucht die Wissenschaftskommunikations-Forschung. Sie fragt unter anderem: Wie viele Informationen können Nicht-Experten aufnehmen? Wie umfassend können Details - die oft in der Fachdisziplin einen entscheidenden Unterschied ausmachen - dargestellt werden, bevor die Aufmerksamkeitsspanne der Zuschauer oder Zuhörer sinkt?
Wer in diesen Tagen die Pressekonferenzen des Robert-Koch-Instituts im Live-Stream verfolgt, sieht ein gutes Beispiel für gelungene Wissenschaftskommunikation. RKI-Präsident Prof. Wieler beantwortet sachlich und differenziert alle Fragen, die ihm Journalisten stellen. Radio- oder Fernsehsender bzw. Print- und Onlinemedien präsentieren dem breiten Publikum daraus in ihren Nachrichten ein zentrales Statement. Die Sender und Verlage tragen damit eine große Verantwortung, denn jede Verkürzung führt zu einer Pointierung oder Veränderung des Gesagten.
Den Medien kommt eine Mammutaufgabe zu: Nicht nur Experten äußern sich zur Corona-Thematik, sondern auch Politiker, die weitreichende Entscheidungen für das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben treffen müssen. Arbeitgeber kommentieren und prognostizieren die wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise. Gefährdete berichten über ihre Sorge, sich anzustecken. Mütter und Väter geben einen Einblick in die Herausforderungen der Kinderbetreuung, seitdem Schulen und Kindergärten geschlossen sind. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Diese Informations-Sintflut rezipierbar zu machen, muss eine Sisyphosaufgabe bleiben. Je nachdem, welcher der genannten Gruppen auf welchen Kanälen tagesaktuell mehr Gehör geschenkt wird – relevant sind sie alle – entsteht eine Medienrealität, die von der gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Wirklichkeit abweichen muss.
Die Kommunikationswissenschaft forscht schon seit mehr als 50 Jahren zur Themensetzungsfunktion der Medien. Die Agenda-Setting-Theorie besagt, dass Menschen über Themen nachdenken, die ihnen in den Medien präsentiert werden. Je nachdem, ob sie sich über soziale, online-, öffentlich-rechtliche oder Boulevard-Medien informieren, entsteht bei ihnen eine individuelle medienvermittelte Realität. Diese Realität ist zwangsläufig ein ausschnitthaftes, interpretierendes Konstrukt der unendlich komplexen Wirklichkeit, bestimmt aber dennoch maßgeblich Einstellung und Verhalten der Menschen.
Dass die Medien an der oben genannten Mammutaufgabe scheitern, nehmen die Menschen durchaus wahr. Die einfachen Wahrheiten sind entzaubert, weil das Internet eine nie dagewesene Transparenz schafft. So kann der Rezipient nachvollziehen, was in aktuellen RKI-Pressekonferenzen wörtlich gesagt wurde. Und er sieht, mit welchen Worten die Medien das Gesagte wiedergeben. In diesen unsicheren Krisenzeiten sind glaubwürdige Medien besonders gefragt. Hier genießen die etablierten Qualitätsmedien das höchste Vertrauen. Das zeigt sich beispielsweise an den hohen Einschaltquoten der öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehprogramme. Mit mehr als 12 Mio. Zuschauern war die Tagesschau vom 22. März 2020 die erfolgreichste Fernsehsendung im gesamten Monat März. Die Qualitätsmedien geben Orientierung in unüberschaubaren Zeiten. Aber die Rezipienten-Erwartungen nach gänzlich widerspruchsfreien und eindeutigen Informationen können sie auch weiterhin nicht erfüllen.
Erfahrungen zur Umstellung auf Onlinelehre in Corona-Zeiten
Mein Name ist Nadine Tournier und ich bin seit Beginn diesen Jahres Hochschullehrerin für Sozialpädagogik / Soziale Arbeit und Management an der FHM Berlin. Seit dem 16. März hat die FHM angesichts der Corona-Krise den kompletten Studienbetrieb auf Onlinelehre umgestellt. Das Ziel ist dabei, den Studierenden auch in diesen herausfordernden Zeiten einen regulären Studienbetrieb zu ermöglichen, damit sie ihr Studium in der geplanten Zeit abschließen können. Ich persönlich bin sehr glücklich über die reibungslose Umstellung sowie das umsichtige und transparente Vorgehen seitens der Hochschulleitung in diesem Prozess.
Anfangs war es für mich etwas ungewohnt, die Studierenden nur noch im virtuellen Raum zu erleben und die eigene Didaktik in der Lehre an die neuen Bedingungen anzupassen. Wichtig ist es meines Erachtens hierbei, die Lehre genauso interaktiv und abwechslungsreich zu gestalten, wie in der Präsenzlehre und die technischen Möglichkeiten hierfür kreativ zu nutzen. Dabei hat mich die FHM kompetent begleitet. Neben internen Qualifizierungen und festen Ansprechpartner*innen erachte ich den Austausch mit Kolleg*innen hierzu als überaus wertvoll. Wir Hochschullehrkräfte, Professor*innen und Dozent*innen sind gut miteinander vernetzt und lassen einander an unseren Erfahrungen teilhaben.
Mein besonderer Respekt gilt den Studierenden. Diejenigen, die aktuell in Teilzeit oder im Fernstudium Sozialpädagogik und Management an der FHM studieren, haben in den letzten Wochen zahlreiche Herausforderungen angesichts der Corona-Krise in ihren sozialen Einrichtungen gemeistert. Manche Studierenden übernehmen dazu auch noch das Home-Schooling ihrer Kinder, kümmern sich um Verwandte oder gehören selbst zu den Risikogruppen. In den Online-Lehrveranstaltungen sind sie trotz dieser Mehrfachbelastungen zuverlässig und motiviert dabei. Für uns Hochschullehrkräfte ist es grade jetzt besonders wichtig, ein offenes Ohr für die Anliegen der Studierenden zu haben: Denn bei Sozialpädagogik / Soziale Arbeit und Management an der FHM Berlin legen wir Wert auf ein Studium mit Kompetenz und Herz. Auch wenn das Campusleben derzeit nur eingeschränkt möglich ist, finden wir kreative Wege die Studierenden in den Austausch zu bringen: Ob eine virtuelle Osterfeier oder Online-Lerngruppen für Klausuren – #westayconnected.
Kollegen connected – dann eben virtuell
In der FHM Berlin war es zeitweise fast gespenstisch still. Auch wenn jetzt wieder mehr Kolleginnen und Kollegen persönlich anzutreffen sind, finden viele Meetings und natürlich die Lehre online statt. Wir tauschen uns regelmäßig über unsere Erfahrungen in Corona-Zeiten aus, zum Beispiel über Möglichkeiten, die Online-Lehre interaktiver zu gestalten: Was lässt sich aus Adobe Connect alles rausholen? Welche Tools bieten sich noch an, Inhalte anschaulich zu vermitteln und die Studierenden zu aktivieren? Daneben schätzen und nutzen wir die Möglichkeiten der FHM: Instruktionsvideos, Workshops der Dozent 4.0 Weiterbildung, Sprechstunden für Online-Lehrende und Notfall-Hotlines (wenn gar nichts mehr geht). Ein herzliches Dankeschön an alle Kollegen und Kolleginnen, die die Umstellung von Beginn an so tatkräftig begleitet haben und dies auch noch tun!